Personal-Querelen erschüttern die Alternative für Deutschland
In Berlin kämpft die Alternative für Deutschland gegen Familien-Klüngel, in Bayern ist die gesamte Führung zerstritten. Parteichef Lucke droht schon mit der Auflösung von Landesvorständen.
Es läuft nicht rund für die neue Partei, die sich als Alternative zu sämtlichen etablierten Parteien versteht. Zwar steigt die Zahl der Unentschlossenen und Nicht-Wähler in Deutschland vier Monate vor der Bundestagswahl ununterbrochen. Trotz der Programmparteitage von SPD, Grünen und FDP kletterte diese Zahl in der jüngsten Forsa-Umfrage um drei Punkte auf 30 Prozent. Doch die Alternative für Deutschland kann noch nicht wirklich davon profitieren. Sie kommt auf gerade mal zwei Prozent und liegt damit gleichauf mit den Piraten.
Auch innerparteilich kämpft die neue Partei derzeit weniger gegen den politischen Gegner als vielmehr gegen die eigenen Unzulänglichkeiten. So endete der Landesparteitag in Bayern am vergangenen Wochenende im Chaos, obwohl Bundessprecher Bernd Lucke eigens nach Bayern gereist war. Grund für das Desaster waren heftige Personalquerelen. Nach stundenlanger Auseinandersetzung über die Neuwahl des erst seit einigen Wochen amtierenden Landesvorstands wurde der Parteitag schließlich abgebrochen, weil offen herumliegende Stimmzettel aus der Stichwahl zum Parteivorsitz aufgetaucht waren. Darüber musste sich die AfD dann auch von dem selbstgesteckten Ziel verabschieden, im September auch zur bayerischen Landtagswahl anzutreten.
Berliner Verhältnisse
Auch in Berlin geht es drunter und drüber. Der Landesverband entband den bisherigen Leiter der Geschäftsstelle, Matthias Goldstein, von seinen Funktionen und sucht nun händeringend nach neuen Räumlichkeiten. Die war nämlich bislang in den Räumen der Firma Goldstein Consulting in Charlottenburg untergebracht. „Eine eventuelle Verquickung von Partei und Familie muss zwingend vermieden werden“, teilte der Landesverband dazu mit.
Im Zuge der Querelen nahm auch der Sprecher des Landesverbandes, Matthias Lefarth, seinen Hut. Allerdings werde er der Partei verbunden bleiben, hieß es. Lefarth solle künftig inhaltlich auf seinem eigentlichen Themengebiet, der Steuer- und Finanzpolitik, für den Landesverband und die Partei arbeiten. Nach dem Revirement war geplant, dass sich die Ehefrau von Matthias Goldstein, Anette Goldstein, „künftig verstärkt auf die Ausarbeitung inhaltlicher Positionen“ konzentrieren solle. Kurz darauf kündigte sie ihren Rücktritt aus dem Vorstand an.
„Kooperativ arbeiten“
„Offenbar ist Annette Goldstein nicht bereit, in einem Vorstand mitzuarbeiten, in dem sie momentan nicht mehrheitsfähig ist“, sagte AfD-Landessprecher Günther Brinker. Es hätte von Seiten des Vorstandes die Möglichkeit für sie gegeben, mit inhaltlicher Sacharbeit die Positionierung der AfD in Berlin voranzubringen. „Jederzeit wäre der Vorstand bereit gewesen, sie in die inhaltliche Arbeit einzubeziehen und kooperativ zusammenzuarbeiten. Dazu bestand im Gesamtvorstand Einstimmigkeit“, so Brinker.
Da die Querelen kaum noch zu verbergen sind, räumt nun auch AfD-Chef Bernd Lucke „massive Konflikte in mehreren Landesverbänden“ ein. „Ich will mit allen Beteiligten reden, um die Querelen beizulegen“, sagte er dem „Focus“. Wenn das keinen Erfolg habe, müsse notfalls wie in Bayern der gesamte Vorstand zurücktreten und neu gewählt werden. In den vergangenen Wochen hatte die AfD-Spitze selbstbewusst die Gründung von Landesverbänden und entsprechenden Kandidatenlisten für die Landtagswahl in Bayern sowie für die Bundestagswahl angekündigt. Nun drohen Auseinandersetzungen in Berlin und Bayern den gesamten Parteiaufbau zu belasten.
Geschrieben für „Die Welt„