Panische Angst vor der AfD

Pressebuehne der AfD-Bundestagsfraktion / © GEOLITICO Pressebuehne der AfD-Bundestagsfraktion / © GEOLITICO

Laut Bundesamt für Verfassungsschutz ist die AfD „gesichert rechtsextremistisch“. Die größte deutsche Oppositionspartei steht am Scheideweg und mit ihr die CDU.

Laut einer Umfrage der „Bild am Sonntag“ spricht sich eine relative Mehrheit von rund 48 Prozent der Befragten für ein Verbot der AfD aus. Dies meldete das Blatt unter Berufung auf eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa von Anfang Mai. 37 Prozent sind gegen ein Verbotsverfahren, 15 Prozent sind unschlüssig und 61 Prozent stufen die Partei als rechtsextremistisch ein. Hören die Blauen bald ihr letztes Halali?

Es riecht nach Schwefel

„Was zum Teufel ist in Deutschland los?“, schrieb der ungarische Regierungschef Viktor Orbán im Onlinedienst X. „Sie können sich auf uns verlassen“, fügte er an AfD-Chefin Alice Weidel gerichtet hinzu. Dass der Ungar sich auf die Seite der Alternative stellt, hat strategische Gründe. Seit seinem Bruch mit CDU/CSU in der Europäischen Volkspartei und deren Kritik an seinem Umgang mit Oppositionellen sucht Orban neue Verbündete. Ungarn sei ein Vorbild für die Eindämmung irregulärer Migration, lobte die AfD-Vorsitzende den Ministerpräsidenten. Nach ihrem Besuch im Februar in Budapest hat Orban die AfD als „die Zukunft“ bezeichnet und zu seinem neuen Bündnispartner ausgerufen. Für die Union war das ein Schlag ins Gesicht, nachdem sich vor allem die deutschen Christdemokraten lange Zeit für die Integration Ungarns und der Orban-Partei Fidesz innerhalb der europäischen Konservativen eingesetzt hatten.

Noch schwerwiegender für die neue schwarz-rote Bundesregierung ist die Kritik am Umgang mit der AfD aus Washington. In Deutschland herrsche Tyrannei, verurteilte US-Außenminister Marco Rubio die Einstufung des Verfassungsschutzes. Auf X klagte er: „Germany just gave its spy agency new powers to surveil the opposition.  That’s not democracy—it’s tyranny in disguise.    What is truly extremist is not the popular AfD—which took second in the recent election—but rather the establishment’s deadly open border immigration policie.“

Die „tödliche Politik der offenen Grenzen“ und die versuchte Zensur gegen eine missliebige Oppositionspartei treibt US-Offiziellen schon länger die Zornesröte ins Gesicht. So auch bei US-Vizepräsident Vance, der auf X von der AfD als „beliebteste Partei“ Deutschlands schreibt, die von Bürokraten zerstört werden soll. Starker Tobak aus der neuen Welt, auf die das noch grüne Berliner Außenministerium erwiderte: „Das ist Demokratie. Diese Entscheidung ist das Ergebnis einer gründlichen und unabhängigen Untersuchung zum Schutz unserer Verfassung und der Rechtsstaatlichkeit. Das letzte Wort haben unabhängige Gerichte. Wir haben aus unserer Geschichte gelernt, dass Rechtsextremismus gestoppt werden muss.“

Rechtsextremimus – wer definiert ihn, und was ist mit seinem Bruder im Geiste, dem Linksextremismus? Daran darf sich Annalena Baerbocks Nachfolger als Außenminister Johann Wadephul im Dialog mit allen Staaten versuchen, die nicht auf der bisherigen deutschen Regierungslinie liegen. Die Gespräche in Washington für den neuen CDU-Außenminister und seinen Chef Friedrich Merz enthalten viel Zündstoff nicht allein wegen der AfD. Für die Mitglieder der Partei wirkt die Einstufung des Verfassungsschutzes ohnehin wie ein Ritterschlag. Für sie ist der dem Bundesinnenministerium weisungsgebundene Inlandsgeheimdienst lediglich der verlängerte Arm der AfD-feindlichen Szene. Also, was zum Teufel ist in Deutschland nun los?

Am Ende steht die Hölle

Für die Konkurrenz von Union über SPD bis zur Linken ist mit der AfD der Teufel los. Sie stört die bundesrepublikanische Konsenspolitik empfindlich, die bisher nur von den SED-Nachfolgern gestört wurde und das zuletzt immer schwächer. Für die Linke ist mit der AfD ein gefährlicher Stimmenfänger im Osten entstanden und hat die sie dort als „Ostversteher“ abgelöst. Den Status als Volkspartei hat die CDU von Mecklenburg bis Sachsen inzwischen an die AfD verloren. Die Sozialdemokraten leiden dort mit den Grünen und der nur noch als Spurenelement vorhandenen FDP unter fortschreitender Schwindsucht.

Im Westen sieht die Lage für die zerbröselnden Volksparteien Union und SPD noch besser aus, aber es ist nur noch eine Frage von vier Jahren, ob sich die schwarz-roten Koalitionäre auch dort noch retten können. Denn es geht im Kern nicht um die Frage, ob die Demokratie gerettet werden muss. Die Demokratie in Deutschland ist stabil und wird nicht von der AfD in Frage gestellt. Das ist eine Behauptung vor allem der linken Kräfte, aber auch der Merkelianer in der Union. Im Kern geht es um eine zentrale Frage: Wer verfügt über die meisten Pfründe?

Zu den Pfründen war seit Bestehen der Bundesrepublik die Antwort klar: CDU/CSU und SPD. Mit den reichlich sprudelnden Einnahmen aus den Mandaten auf kommunaler, Landes- und Bundesebene lassen sich die eigenen Parteigänger bestens versorgen. Auch aus der Wahlkampfkostenrückerstattung fließt viel Geld in die Kassen der Parteien. Erste Stimmen fordern nach der Entscheidung des Verfassungsschutzes, der AfD diesen finanziellen Kanal zuzudrehen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Es geht um viel Geld. Die AfD stört dabei die etablierten Nutznießer. Das wollen die politischen Gegner nicht offen aussprechen, vielleicht weil sie dann vor den Wählern als Kaiser ohne Kleider dastünden. Aber immer mehr Wähler durchschauen die Manöver der Konsensparteien. Lauf der Insa-Umfrage von Mai gibt es keine deutliche Mehrheit unter den Befragten für ein AfD-Verbot. Der Anti-AfD-Club sollte sich seine Verbotsforderungen gut überlegen.

Die Union ist dran

Was, wenn es zu einem Verbotsverfahren käme und das Bundesverfassungsgericht kein Verbot der AfD ausspräche? Dann wäre die Partei höchstrichterlich salonfähig und die Klägerseite bis auf die Knochen blamiert. Oder die Richter in Karlsruhe sprächen ein Verbot aus – wohin wanderten dann die AfD-Wähler? Zurück zur Union oder den anderen? Vielleicht einige, aber die Mehrheit sicherlich nicht, allein schon aus Trotz. Es käme dann zu erheblichen Spannungen in der Gesellschaft, die Schwarz-Rot oder welche Konstellation auch immer jenseits der AfD nicht zufriedenstellend beantworten könnte. Außerdem ließe sich nach einem Verbot eine ähnlich ausgerichtete Partei mit neuem Namen und anderen Repräsentanten aufbauen.

Es liegt nun vor allem an der Union, ob sie jenseits von Verbotsverfahren zu einem intelligenteren Umgang mit der missliebigen Konkurrenz in Blau kommt. Als erstes muss sie sich aus der Sippenhaft des linken Spektrums befreien, das seinerseits viele dunkle Flecken auf der Weste hat. Jens Spahn als neuer Unions-Fraktionschef im Bundestag unternimmt erste Versuche dazu: Mit der AfD solle „wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch“ umgegangen werden. Spahn meint damit die „Abläufe im Bundestag, die Verfahren in der Geschäftsordnung, in den Ausschüssen, die Minderheits- und Mehrheitsrechte“. Das wäre für den immer wieder geforderten demokratischen Umgang miteinander und den Respekt vor den Wählern der AfD ein wichtiger Schritt. Für die Alternative bleibt die Bedrohung ihrer Existenz weiter real: Je mehr Wähler sie gewinnt, desto wahrscheinlicher wird ein Verbotsverfahren als zeitgeistige Variante des Exorzismus.

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dragaoNordestino
15 Tage her

Rechtsextrem war und ist, wer in einen Krieg gegen Russland ziehen will – und das ist nicht die AfD

Rechtsextrem sind in der Vergangenheit diejenigen gewesen, die deutsche Panzer gen Moskau rollen ließen – und rechtsextrem seien auch heute diejenigen, die wieder auf Moskau schießen wollten.

ehemalige Abgeordnete der Linkspartei Diether Dehm

fufu
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Reply to  dragaoNordestino
15 Tage her

Mit dem rechts und links ist das so eine Sache. Die meisten wuerden sagen AH war rechts, Frau Weidel meinte er war links. Zumindest taugen diese Benennungen (sic) dazu an der Oberflaeche zu bleiben. Besser wuerde man sich fragen wer an Ruestung und Krieg verdient, dazu gehoeren auch die Politiker die in Aufsichtsraeten der Ruestungsindustrie sitzen oder die Parteien mittels „Spenden“. Aber das sind nur die Brotkrumen die vom Tisch fallen.

Josef Schwarz
Josef Schwarz
Reply to  fufu
12 Tage her

Selbst Goebbels bezeichnete die NSDAP als „neue Linke“:

Der Idee der NSDAP entsprechend sind wir die deutsche Linke. Nichts ist uns verhasster als der rechtsstehende nationale Besitzbürgerblock.
(Joseph Goebbels, in: Der Angriff, Gauzeitung der Berliner NSDAP, 6.12.1931)

Und hier auch Hitler:
„Wir sind Sozialisten und Feinde, Todfeinde des derzeitigen kapitalistischen Wirtschaftssystems mit seiner Ausbeutung der wirtschaftlich Schwachen, mit seinen ungerechten Löhnen, mit seiner unmoralischen Bewertung von Personen nach Wohlstand und Geld anstatt nach Verantwortung und Leistung, und wir sind entschlossen, dieses System unter allen Umständen abzuschaffen!“ Hitler, 1927

dragaoNordestino
15 Tage her

Die Demokratie in Deutschland ist stabil und wird nicht von der AfD in Frage gestellt.

interessante Feststellung, wenn man bedenkt, was sich da gerade an politischer Verfolgung in der BRD abspielt.

auch die hitlerische Politik gegen Russland erzählt da eine ganz eigene Geschichte…. zumindest sind die woken Kriegstreiber aus London, Paris und Berlin weit extremer und verfassungsfeinlicher als man sich in einer funktionierenden Demokratie vorstellt.

fufu
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Reply to  dragaoNordestino
15 Tage her

Mit der „Demokratie“ ist das auch so eine Sache. Zumindest wenn die im Artikel zitierten Umfragewerte stimmen. Dann ist halt das Volk zu dumm fuer die Demokratie wenn man das mit der Demokratie woertlich nimmt, denn das Volk wird im wesentlichen die Konsequenzen tragen. Man koennte argumentieren, dass es in einer moderne „Demokratie“ widerspruechlicge Interessen gibt, z.B. die Wirtschaft. Moeglicherweise ist es einem VW-Werker wichtiger einen Arbeitsplatz zu haben… und wenn er demnaechst Panzer montiert.

fufu
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Reply to  dragaoNordestino
14 Tage her

„zumindest sind die woken Kriegstreiber aus London, Paris und Berlin…“

Nicht im Kontext Trump zu „benennen“ grenzt schon an Volksverdummung auch wenn jener derzeit versucht sich als Friedenstaube zu praesentieren. Die Fakten sprechen eine andere Sprache, Einkreisungspolitik gegenueber Russland und China mittels Uebernahme von Haefen und Lieferwegen, Sanktionen, Versuch der Abschneidung von Resourcen… die Politik gegen Japan und Deutschland vor dem zweiten Weltkrieg.

Getrennt marschieren… vereint schlagen.

fufu
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13 Tage her

Bleibt zu hoffen, dass wenigstens die AfD zwischen Freund und Feind zu unterscheiden weiss, entgegen Streicheleinheiten und Unterwanderungsversuchen von falscher Seite.

dragaoNordestino
Reply to  fufu
13 Tage her

Bleibt zu hoffen, dass wenigstens die AfD zwischen Freund und Feind zu unterscheiden weiss

Na ja, das ist kaum an zu nehmen. Die AFD ist auch eine Systempartei und richtet sich an der heute üblichen Machtpyramide aus. Sie wird zur Zeit nur einfach dazu benutzt, Keile in die Gemeinschaften zu schlagen…. ganz nach dem Prinzip, Teile und herrsche

dragaoNordestino
Reply to  dragaoNordestino
13 Tage her

in anderen Worten, die AFD ist nichts weiter als ein Bluff, ein Kuckucksei, dass ihren Wählern ins Nest gelegt wurde, denn die AFD ist doch durch und durch marktkonform, neoliberal bis in die Tiefe.

fufu
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Reply to  dragaoNordestino
13 Tage her

Klar ist sie eine Systempartei, so wie Bergoglio ein Globalist war. Aber wir sind ja bescheiden, mal abwarten wie sie sich ex-Populismus positioniert.

fufu
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Reply to  dragaoNordestino
12 Tage her

„ein Kuckucksei“

Sie meinen also, die AfD hat Freunde beim Verfassungsschutz !? Glaube kaum, dass der Verein sich mit Quantenspieltheorie beschaeftigt… dennoch …bekanntlich weiss man bei der Schroedingerschen Katze erst wenn man die Kiste aufmacht ob sie tot oder lebendig ist.

Josef Schwarz
Josef Schwarz
12 Tage her

„48% sprechen sich für ein Verbot der AfD aus.“ Mich würde mal interessieren, wo und mit wem diese Umfrage stattgefunden hat. Das wären 48% Menschen, die entweder komplett verblendet, oder dumm, oder demokratiefeindlich sind. 61% stufen die AfD als rechtsextremistisch ein – nun gut – Goebbels hatte recht: Eine Lüge, die man oft genug wiederholt, wird irgendwann zur Wahrheit (im Auge des leichtgläubigen Anteils des Volkes). Die Folgen daraus? Hier das ganze Zitat: < Wenn man eine große Lüge erzählt und sie oft genug wiederholt, dann werden die Leute sie am Ende glauben. Man kann die Lüge so lange behaupten,… Read more »

fufu
fufu
Reply to  Josef Schwarz
11 Tage her

„Hier das ganze Zitat“ Dem Zitat von Goebbels kann man uneingeschraenkt folgen nur hatte er eben seine eigene Variante der Luege… bis zum „Endsieg“. Die „politischen, wirtschaftlichen und militärischen Konsequenzen“ seiner Luege kennt man. Mittlerweile ist ja fufu das Gedaechtnis des alten geolitico und erinnert sich an eine Art des Kampagnenjournalismus nach Art der Journaille, wo hunderte von Trolls (Trolls nach meiner Auffassung und weil sie ploetzlich verschwunden sind) Hass gegen Migranten und den Islam insgesamt verspruehten. Man fragt sich zu welchem Zweck. Die AfD ist auch in diesem Umfeld gross geworden. Der Acker ist bestellt, das Lob falscher Freunde… Read more »

fufu
fufu
Reply to  fufu
11 Tage her

Anders gesagt ist eine Androhung des Verbots ein Wink die AfD noch stromlinienfoermiger, systemgetreuer zu machen, das heisst Militarisierung, Aufruestung und NATO-Linie zu unterstuetzen (was sie eh schon tut) ?

fufu
fufu
Reply to  fufu
11 Tage her

Oder noch anders gesagt a la Trump, Musk, Starmer… „Nazis wellcome“, aber gegen die Russen.

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