Generation Kühnert und Lang im Rücktritts-Modus
Nach der Grünen-Spitze mit Ricarda Lang tritt auch SPD-General Kevin Kühnert ab. Viele Medien beklagen, dass zwei große Talente von der politischen Bühne abtreten. Aber warum lamentieren?
Es braucht neue Gesichter, um die Partei aus dieser Krise zu führen“, sagte Ricarda Lang bei ihrem Rücktritt vom Grünen-Vorsitz wegen der jüngsten Wahldebakel. Eine Neuwahl solle ein „Baustein sein für die strategische Neuaufstellung dieser Partei“. Und sie fügte hinzu: „Jetzt ist nicht die Zeit, um am Stuhl zu kleben – jetzt ist die Zeit, Verantwortung zu übernehmen, und wir übernehmen diese Verantwortung, indem wir einen Neustart ermöglichen.“
Neue Gesichter? Ricarda Lang galt als das neue Gesicht der Grünen und für eine ganze Generation an aufstrebenden Nachwuchspolitikern. Dazu zählte auch Kevin Kühnert, der in wenigen Jahren vom Juso-Chef über den Posten eines stellvertretenden Parteivorsitzenden zum Generalsekretär der SPD aufstieg. Parallel zu ihren bisherigen Parteiämtern waren Lang und Kühnert Bundestagsabgeordnete. Und sie sind es immer noch. Kühnert verzichtete auf eine öffentliche Rücktrittserklärung und zog sich in den Krankenstand zurück. Vielleicht etwas mit der Psyche, vielleicht ein Burnout.
Plastik-Deutsch und Größenwahn
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„Sprache schafft Wirklichkeit, Wirklichkeit ist das Ergebnis von Kommunikation“, so ein Leitsatz des US-österreichischen Philosophen Paul Watzlawick. Fast nirgendwo mehr als in der Politik stimmt dieser Satz. Besonders wenn die Aussagen im berüchtigten Polit-Sprech daherkommen wie jene von Lang mit „strategischer Neuaufstellung“ oder der „Übernahme von Verantwortung“. Alles nur Plastik-Deutsch.
Auch Kühnert hat diesen bürgerfernen Jargon, den er in den Rhetorik-Seminaren seiner Jusos gelernt hat, tief verinnerlicht. Kurz vor seinem Abgang als Generalsekretär bot er dem Publikum noch einmal ein schönes Beispiel. Im Zusammenhang mit einer Debatte über schwulenfeindliche Kommentare bestimmter Gruppen in Berlin traf Kühnert einen empfindlichen Nerv. In seinem Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg komme es „aus muslimisch gelesenen Männergruppen häufiger zu einem homophoben Spruch, als man es sonst auf der Straße erlebt.“
Da reibt sich der politische Beobachter die Augen, dass ein führender linker Politiker das Problem beim Namen nennt. Allerdings mit einer Einschränkung: „muslimisch gelesenen Männergruppen“. Es könnten doch auch andere Männergruppen sein, so ganz sicher kann man nicht sein. Da ist er wieder – der grausige Neu-Sprech, der sich über die Gender-Agenda in der politischen Linken verankert hat.
Im Gefolge der jungen Speerspitzen Kühnert und Lang zogen mit der Bundestagswahl 2021 weitere Nachwuchskräfte aus den Reihen der Jusos und Grünen-Jugend ins Parlament. Viele davon unter 30, rund ein Drittel der derzeitigen SPD-Bundestagsfraktion besteht aus Jungsozialisten. Und viele davon sind noch Studenten oder haben ihr Studium auf Eis gelegt. Wenn die Abgeordneten ihr Mandat ernst nehmen, dann lässt sich parallel nicht noch eine Ausbildung absolvieren oder eine Doktorarbeit schreiben. Außer es handelt sich um ein äußert disziplinierten Menschen, der auf Freizeit und Familie verzichtet oder einen Ghostwriter bemüht, wie ein früherer Bundesminister aus Bayern.
Die Parlamente, vor allem der attraktive Bundestag mit seiner Diät bei aktuell 11.227 Euro im Monat, sind für junge Parteikader Übungsbühnen geworden. Anders als in der Zeit der Generation von Helmut Kohl oder Gerhard Schröder war der Bundestag die Krönung der Politikerlaufbahn. Damit sind wir beim Kernproblem: der Berufspolitiker braucht keinen Beruf mehr. In früheren Generationen war es von rechts bis links noch selbstverständlich, eine Ausbildung abzuschließen – mindestens – und anschließend darüber den beruflichen Alltag kennenzulernen.
Ausbildung oder Durchlauferhitzer
Beispielsweise Klaus Ernst, ehemaliger Gewerkschafter, SPD-Mitglied, dann Funktionär der Linkspartei und heute Abgeordneter beim BSW im Bundestag, hat sich noch hochgearbeitet. Ausbildung zum Elektromechaniker mit Facharbeiterprüfung, Betriebsrat, dann über den zweiten Bildungsweg Diplom-Volkswirt und Gewerkschaftslaufbahn. Für die allermeisten heutigen (linken) Jungpolitiker ist dieser Weg nicht mehr vorstellbar. Sie wollen wie Kühnert und Lang die Abkürzung nehmen und ohne einen Berufsabschluss oder nennenswerte Berufserfahrung außerhalb der Politik aufsteigen.
Kevin Kühnert reagierte dünnhäutig als ihn der AfD-Mann Stefan Brandner im Bundestag zur Rede stellte. Was Kühnert denn für Qualifikationen als Abgeordneter mitbringe? Er könne auch nach Jahren des Studiums keinen Studienabschluss vorweisen, lediglich etwas Call Center-Erfahrung und lebe ansonsten von seiner Partei. Das passte Kühnert gar nicht. Er blaffte zurück, dass er nicht für Studienabschlüsse direkt gewählt worden sei, sondern „für gute sozialdemokratische Politik“.
Ein anderes Beispiel ist der frühere CDU-General Paul Ziemiak, der bisher ohne juristisches Staatsexamen sein Mandat ausübt. In Fraktionssitzungen der Bundestags-CDU rufen ihm altgediente Unionisten mit Ausbildung und Berufspraxis gerne zu: „Paul, mach doch erst mal deinen Abschluss!“ Solche Wahrheiten hören die jungen Aufsteiger bei den Ampel-Fraktionen nicht.
Der schnelle Aufstieg in der Politik ist verführerisch. Den Typus des unausgegorenen Jungpolitikers gibt es nicht nur unter den linken Parteien, aber dort trifft ihn der Bürger besonders oft. Junge Union, Jungsozialisten, Junge Liberale und wie die Nachwuchsorganisationen der Parteien so heißen, sind Fluch und Segen zugleich. Segensreich für die Parteien ist, dass ihre Jugend früh das politische Geschäft kennenlernt. Aber was heißt das genau? Es bedeutet, Mehrheiten für Personen und Themen zu schmieden, es meint, sich auch gegen Widerstände durchzusetzen. Das gelingt häufig über Ränkespiele, die mitunter perfiden Intrigen und diskreten Absprachen – eine Hand wäscht die andere.
Das ist dann der Fluch, der auf nahezu allen politischen Ebenen lastet. Denn es geht im Kern immer um Macht, Pfründe und Loyalitäten. Das ist der wahre Kern der massiven Ablehnung, der der AfD entgegenschlägt: Pfründe respektive deren Verlust. Die Partei hat schnell und erfolgreich in den gewachsenen Strukturen der anderen gewildert und Geld in die alternativen Kanäle geleitet. Nicht viel anders war es Anfang der 1980er Jahre bei den Grünen oder heute beim BSW. Die „Wagenknechte“ sind nur deshalb so schnell anschlussfähig, da CDU und SPD durch die Verdammung der AfD praktisch keine anderen Partner mehr finden.
Heiße Küchen und versäumte Gelegenheiten
Kühnert und Lang sind an sich selbst, nämlich ihrem Hochmut, ihrem ikarushaften Höhenflug und den verwöhnenden Parteistrukturen gescheitert. Das eine bedingt das andere. Parteien verwöhnen ihre Kader durch Mandate und Posten, weil sie sie möglichst für immer an sich binden wollen, das heißt dann Loyalität.
Max Weber hat in seinen soziologischen Abhandlungen bereits 1919 vom Gelegenheits-, Nebenberufs- und Berufspolitiker gesprochen. Weber sah damals schon im Berufspolitiker die Zukunft der politischen Organisation einer Partei und des Staates. Er sah allerdings auch, dass sich dieser neue Typus nur noch um sich selbst drehen dürfte und die Interessen, die er offiziell vertritt, nicht seine eigenen sind.
Die Kriegsgeneration von Herbert Wehner über Theodor Heuss bis zu Franz Josef Strauß war weitgehend immun gegen die Schattenseiten des Berufspolitikers, da sie die Erfahrungen des Ausnahmezustands gemacht hatten. Niemand wünscht der neuen Politikergeneration, einen Krieg am eigenen Leib zu erfahren. Aber die Entwicklung zu früh ausgelaugten Apparatschiks ihrer Parteien mit Rücktrittssyndrom muss aufhören. Ansonsten droht die finale Aushöhlung des Politischen, die Entkernung der Inhalte, und Politik wäre dann nur noch plastikhaft und eine hohle Werbehülle.
Übrigens gab es in der Frühzeit der AfD Überlegungen, keine Jugendorganisation zu gründen. Die Befürworter dieses Kurses sahen die vielen Nachteile durch die Beispiele der etablierten Parteien. Alexander Gauland hat dann doch den Weg der so genannten Altparteien eingeschlagen und die Junge Alternative unterstützt. Wenn Kevin Kühnert und Ricarda Lang tatsächlich so große politische Talente wären wie, es Ampel-affine Medien behaupten, dann hätten sie durchhalten müssen. „Wem es in der Küche zu heiß ist, der sollte nicht reingehen“, brachte es US-Präsident Harry S. Truman auf den Punkt. Offensichtlich ist es den schnell Hochgeflogenen der neuen Politikergeneration zu heiß in der Küche.
„Sprache schafft Wirklichkeit, Wirklichkeit ist das Ergebnis von Kommunikation“ neue Erkenntnis aber immerhin…unsere Demokratie, unsere Werte, sozial ist was Arbeit schafft, der Verteidigungsminister…das Volk… was mir so spontan zur babylonischen Sprachverwirrung in den Sinn kommt.
„Wenn Kevin Kühnert und Ricarda Lang tatsächlich so große politische Talente wären…“ Irgendwann stoesst sich virtuelle mit harter Realitaet oder es endet in der Klapsmuehle.
Nun ist es nicht nur die Generation Kuehnert und Lang. Diese haben mit ihrem Ruecktritt zumindest eine gewisse Einsicht gezeigt. Wenn allerdings gestandene Politiker wie der Fuehrer der bislang groessten „Volkspartei“ in der Opposition fordert Deutschland muesse Russland ein Ultimatum stellen, sonst sollten Langstreckenwaffen die russisches Territorium weit im Inneren treffen koennen geliefert werden, so muss man wohl kompletten Realitaetsverlust feststellen. Fuer wen arbeitet dieser Mann, fuer das „Volk“ bestimmt nicht ?
Diese Generation ist die mit den meisten Versagern, nicht nur in der Politik. Generell.
Hoffen Sie darauf, dass diese Generation es besser macht als die letzte.
Ueber Kuehnert und Lang muss man sich nicht weiter auslassen. Aber dass etwa die Haelfte und mehr diese Parteien noch waehlen ist eine Schande fuer jeden Inhaber eines deutschen Passes. Man muss daraus schliessen… sie, die Deutschen, haben es nicht anders verdient…in der Masse Dummheit, Arroganz, Opportunismus und Kriechertum.