Kein Mittel gegen wuchernden Schilderwald an deutschen Straßen

Schilderwald / Quelle: Pixabay, izenzfreie Bilder, open library: Bru-nO; https://pixabay.com/de/photos/baustelle-verkehr-stra%c3%9fe-autobahn-4364451/ Schilderwald / Quelle: Pixabay, izenzfreie Bilder, open library: Bru-nO; https://pixabay.com/de/photos/baustelle-verkehr-stra%c3%9fe-autobahn-4364451/

Seit 13 Jahren will die Politik den Schilderwald an deutschen Straßen lichten. Stattdessen kommen mit fragwürdigen Begründungen immer neue Schilder hinzu.

Obwohl die Politik die Zahl der Verkehrszeichen seit Jahren reduzieren will, nimmt deren Anzahl weiter zu. Mit der Änderung der Straßenverkehrsordnung im Jahr 2009, der sogenannten Schilderwaldnovelle, wollte der Bund die Verkehrssicherheit erhöhen. Hierfür sollten Verkehrszeichen abgebaut und den Verkehrsteilnehmern mehr Eigenverantwortung auferlegt werden.

Mit der nachfolgenden Straßenverkehrsordnung 2013 wurde am Ziel, den Schilderwald zu lichten, festgehalten. In der amtlichen Begründung wird dazu Folgendes ausgeführt: „Die Zahl der Verkehrszeichen, die in Deutschland aufgestellt sind, ist nicht bekannt. Es besteht zwischen Bund und Ländern aber Konsens, dass zu viele Verkehrszeichen angeordnet sind. Ziel ist es, in den Ländern den Abbau des Schilderwaldes – und damit die Möglichkeiten zur Verbesserung der verbleibenden Beschilderung – voranzutreiben.

Fehlender Überblick über den Bestand an Schildern

Damit wird gleichzeitig und vorrangig die eigenverantwortliche Beachtung der allgemeinen Verkehrsregeln der Straßenverkehrsordnung durch die Verkehrsteilnehmer eingefordert. Dies noch mehr als bisher im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer zu verankern, ist für die Sicherheit und Ordnung des heute massenhaften Straßenverkehrs zielführender als nur punktuell wirksame Verkehrszeichenregelungen“. Weise Worte, doch die Realität sieht anders aus!

Im Jahr 2014 hat ein Gutachter in einem norddeutschen Bundesland überprüft, wie die Zielsetzung der geänderten Straßenverkehrsordnung umgesetzt wurde. Der Gutachter hat festgestellt, dass der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr des betreffenden Bundeslandes nur die Kosten für die Instandhaltung und Reinigung seiner Verkehrszeichen benennen konnte, aber keinen Überblick über den Bestand an Verkehrszeichen hatte. Auch die meisten Kreise, Städte und Gemeinden hatten keinen Überblick über die Anzahl ihrer Verkehrszeichen.

Im Jahr 2021 hat derselbe Gutachter eine Nachschau durchgeführt. Er wollte wissen, ob die damals geprüften Stellen überflüssige, verwirrende oder schlicht nicht der Straßenverkehrsordnung entsprechende Beschilderungen entfernt sowie den eigenen Datenbestand auf den aktuellen Stand gebracht haben, um dadurch die Verkehrssicherheit zu erhöhen und die Kosten für Instandhaltung und Reinigung zu senken.

Der Gutachter musste feststellen, dass sich bei den allermeisten Kommunen die Zahl der Verkehrszeichen deutlich erhöht hatte. Nur zwei der in die Untersuchung einbezogenen Kommunen meldeten 2021 weniger Verkehrszeichen als 2014.

Ministerium sieht gute Gründe für neue Verkehrsschilder

Daraufhin schlug der Gutachter vor, die alle zwei Jahre stattfindenden Verkehrsschauen zu nutzen, um den Bestand an Verkehrsschildern zu überprüfen. Bei den Verkehrsschauen arbeiten Verkehrsbehörden, Träger der Straßenbaulast und Polizei zusammen, um die Zahl der Unfälle zu reduzieren und die Verkehrssichersicherheit zu erhöhen. Der Gutachter sieht in den Verkehrsschauen ein wirksames Mittel, um regelmäßig den Bestand an Verkehrsschildern, deren Rechtmäßigkeit und Erforderlichkeit bzw. Entbehrlichkeit und deren Zustand zu überprüfen. Sie sollten dazu genutzt werden, den „Schilderwald“ zu lichten.

Das zuständige Landesverkehrsministerium hat ausgeführt, es gebe zahlreiche sachliche Gründe für das Aufstellen neuer Verkehrszeichen, wie z. B. den Neubau von Straßen, neu eingeführte Verkehrszeichen oder Anordnungen im Zusammenhang mit politischen Themen wie Klima- oder Lärmschutz. Ein reiner Vergleich der Anzahl von Verkehrszeichen werde diesen Gegebenheiten nicht gerecht und sage nichts aus über den tatsächlichen Abbau.

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Über Thomas Castorp

Thomas (Hans) Castorp blickt vom Zauberberg herab auf die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Fragenstellungen. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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Dr. Wolfram Senf
Dr. Wolfram Senf
1 Jahr her

Ich fände es wichtiger, über andere Themen zu schreiben. Zum Beispiel darüber, dass Deutschland auf Gasreserven „sitzt“, die für Jahrzehnte ausreichen würden. Man lese hierzu das aufschlussreiche Interview der Deutschen Welle mit Prof. Christoph Hilgers, Professor für Geologe am Karlsruher Institut für Technologie – KIT vom 22. 06. 2022. www.dw.com/de/fracking-von-gas-in-deutschland-als-alternative/a-62216420 Die Regierung weiß das natürlich schon lange. Spätestens seit der Krim-Agression Russlands hätten von der Merkel-Regierung Vorkehrungen getroffen werden müssen, Deutschland notfalls aus Eigenaufkommen zu versorgen! Und die neue Regierung? Für Habeck ist Fracking offenbar noch immer keine normale Technologie (die wie jede andere natürlich richtig angewendet werden muss), sondern… Read more »

fufu
fufu
Reply to  Dr. Wolfram Senf
1 Jahr her

Die FDP sei nun „wach“ geworden ? Sie benennen die Aggression Russlands ohne die Aggression der NATO gegen Russland zu erwaehnen…. aufwachen.

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