König Abdullah gegen Ex-Prinz Hamza: Bruderzwist in Jordaniens Königshaus

GEOLITICO ROYAL

Jordaniens Koenig Abdullah Moschee / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: Konevi; https://pixabay.com/de/photos/moschee-k%c3%b6nig-abdullah-moschee-amman-3858508/ Jordaniens Koenig Abdullah Moschee / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: Konevi; https://pixabay.com/de/photos/moschee-k%c3%b6nig-abdullah-moschee-amman-3858508/

Nach einem Putschversuch brodelt es in Jordaniens Königshaus. Zudem schwankt die royale Familie zwischen Reformstau, dynastischen Problemen und zu viel Westen.

Krisenstimmung in Jordaniens Königsfamilie! Hamza von Jordanien, jüngerer Bruder von König Abdullah II. steht unter Hausarrest und legte kürzlich seinen Prinzentitel öffentlichkeitswirksam via Twitter ab. Dem neuen Akt im royalen Familiendrama ging im letzten Jahr eine spektakuläre Entmachtung Hamzas voraus. Sein Bruder hat ihn und weitere Getreue eines Umsturzversuchs beschuldigt, der den König und seine engere Familie entmachten sollte. Was ist dran an den Anschuldigungen?

Mehr als zwei Brüder sind mindestens einer zu viel

Hamza wies den Putschversuch weit von sich und schickte daraufhin der BBC ein Video, in dem er der jordanischen Regierung Vetternwirtschaft und Unfähigkeit vorwirft. Das war Majestätsbeleidigung, da er indirekt seinen königlichen Bruder meinte, ohne den in Jordanien nichts geht. Das war seitens Hamza nicht sehr klug, da im Königreich der Haschemiten Loyalität gegenüber dem Königshaus und der eigenen Sippe hoch geschätzt wird.

Jordanische Sicherheitskräfte nahmen ein gutes Dutzend Personen fest, die am Hofe arbeiteten und Hamza nahestanden. Bei dem folgenden Prozess sind unter anderem der ehemalige Chef des königlichen Hofes und ein Mitglied des Herrscher-Clans zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Prinz Hamza entging dem Kadi und musste sich öffentlich beim seinem Bruder entschuldigen und zeigte sich reumütig. Alles nur Charade?

Laut Palast in Amman wollte die Königsfamilie die Affäre mit Hamza intern klären, was mit dem Mea Culpa des Prinzen erledigt schien. Doch es kriselt im Land durch verschleppte Reformen in Wirtschaft und Gesellschaft, einer hohen Arbeitslosigkeit insbesondere unter den Jungen, und den Auswirkungen der Corona-Pandemie, die in Jordanien sehr restriktiv gehandhabt wurde.

Hat Hamza mit seiner Kritik an der Regierung recht? Sehr wahrscheinlich ja. Allerdings hat ihm der König bereits 2004 den Titel des Kronprinzen entzogen und seinen eigenen ältesten Sohn Hussein als Nachfolger eingesetzt. In der Haschemiten-Dynastie, wie auch in anderen arabischen Königssippen, ist nicht automatisch der älteste Sohn der Nachfolger auf dem Thron.

Besonderheiten der Thronfolge

Es soll der Geeignetste ausgewählt werden beziehungsweise jener, der dem amtierenden Herrscher am nächsten steht. In Saudi-Arabien wird dieses System auf die Spitze getrieben, indem bislang der nächste König aus den Reihen der zahlreichen Söhne des Staatsgründers Abd al-Aziz ibn Saud stammte. Ein Prinzip, das sich biologisch inzwischen überholt hat und mit dem schillernden Kronprinzen Mohammed bin Salman (Khashoggi!) erstmals durchbrochen wurde. Er dürfte als erster Enkel des Reichsgründers seinem hoch betagten Vater Salman auf den Thron folgen. Zudem haben arabische Herrscher oft mehrere Söhne aus verschiedenen Ehen respektive von Nebenfrauen, was die Auswahl für einen würdigen Nachfolger vergrößert, jedoch auch Rivalitäten und Intrigen befeuern.

Im Palast zu Amman braut sich ein Gebräu aus persönlicher Unzufriedenheit, verletzter Eitelkeit und sachlicher Kritik am Regierungsprogramm des Herrschers bei Hamza zusammen. Was dabei überwiegt, sei dahingestellt. Jedoch macht seine Erklärung wegen des abgelegten Prinzentitels auf Twitter nochmals deutlich, dass es ihm auch um den Reformstau im Land geht. Hamza wies darauf hin, dass die jordanische Regierung nicht im Einklang mit den Ansätzen, Trends und modernen Methoden unserer Institutionen stehe.

König Abdullah reagierte in er Stellungnahme für das Königshaus ungewöhnlich offen und fast schon schroff gegenüber seinem 42-jährigen Halbbruder. Seine Majestät meinte, dass Hamza in Zukunft ein komfortables Leben führen könne, jedoch nicht den Raum haben werde, die Nation, ihre Institutionen und seine Familie zu beleidigen oder Jordaniens Stabilität zu untergraben. Starker Tobak und praktisch ein Leben im goldenen Käfig ohne Garantie auf Rückkehr ins politische und gesellschaftliche Leben des Landes. Jedoch soll sich der geschasste Hamza bei den Beduinenstämmen größerer Beliebtheit erfreuen als der König und dessen eigene Familie.

Ost-West-Kulturkonflikt oder Luxusprobleme?

Jene Stämme gelten immer noch als das Rückgrat der Monarchie und aus ihren Reihen gab es in den letzten Jahren öfter Kritik am zu westlichen Lebensstil der Herrscherfamilie. Insbesondere die aus einer palästinensischen Flüchtlingsfamilie stammende Königin Rania steht im Mittelpunkt der Kritik. Sie reist häufig auch privat ins Ausland, gerne nach Frankreich, London oder die USA und nicht allein wegen ihres Engagements bei den Vereinten Nationen als UNICEF-Botschafterin.

Der unvergessene Welterklärer Peter Scholl-Latour hat es in einer Talk-Show in seiner schnörkellos-direkten Art auf den Punkt gebracht: Die Königin liebe Luxus und westliche Gadgets. Auch ihr Mann Abdullah gilt als dezidiert pro-westlich, da er im Ausland zur Schule ging und an der englischen Militärakademie Sandhurst ausgebildet wurde. Als Offizier in der britischen Armee diente der damalige junge Prinz unter anderem in der britischen Rheinarmee. Long time ago.

Politische Beobachter halten die Krise im Königshaus für weiter schwelend, da Hamza zum einen weiterhin in Jordanien lebt und zum anderen einflussreiche Unterstützer hat. Die Monarchie selbst dürfte zwar derzeit – noch – nicht gefährdet sein. Aber wenn Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsflaute anhalten, könnte es für Abdullah ungemütlich werden. Sollte das Königshaus wanken oder gar stürzen, dann könnte die unruhige Region noch instabiler werden als ohnehin. Gelten doch der König und seine Regierung als Verbündete des Westens und als wichtige Brandschutzmauer gegen den islamistischen Terrorismus. Möge Allah mit ihm und den Seinen sein.

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