Netanjahu fördert Terrorismus

Die israelische Regierung von Benjamin Netanjahu schürt in Ostjerusalem einen blutigen Konflikt. Mit Gewalt und Unterdrückung verfolgt sie ihr destruktives Ziel.

Die Situation in Jerusalem ist seit Monaten angespannt und eine Verbesserung ist nicht in Sicht. Das liegt vor allem an der israelischen Regierung, die mit einigen Maßnahmen in den letzten Wochen und Monaten systematisch daran arbeitet, dass die Stimmung extrem aufgeheizt bleibt. Premierminister Benjamin Netanjahu ist seit eh und je ein Hardliner. Trotzdem galt er jahrelang als jemand, der die Sicherheit der Israelis garantierte. Vor allem deswegen gelang es ihm so lange an seinem Amt festzuhalten. Doch seit dem letzten Gaza-Konflikt kaschiert Netanjahu sein Vorgehen nicht mehr als Sicherheitspolitik – jetzt ist er offen auf Konfrontation aus.

Abgesehen vom Grundproblem der Besatzung, die mittlerweile ihre fünfte Dekade zählt, führte die israelische Politik um die al-Aqsa-Moschee zu erheblichen Ausschreitungen. Netanjahus Koalitionspartner wie zum Beispiel Wirtschaftsminister Naftali Bennett und Außenminister Avigdor Lieberman, fordern eine Änderung des Status Quo der heiligen Orte der Muslime. Im Endeffekt wiederholt sich hier, was auch schon in Hebron geschah: Die Moschee soll von den Israelis eingenommen werden und Muslime sollen nur noch selten Zutritt bekommen. Ohne Frage heizen solche Forderungen die Situation nur weiter auf.

Busfahrer erhängt

Zur Eskalation trägt auch bei, dass israelische Siedler vermehrt Wohnungen in Ostjerusalem besetzen und die israelische Regierung in rasanter Geschwindigkeit ihr Okay für weiteren Siedlungsausbau im gesamten Westjordanland gibt. Die geteilte Stadt Jerusalem war schon immer Brennpunkt im Israel-Palästina-Konflikt, doch derzeit wirkt es so, als ob jemand ganz bewusst Ausschreitungen und andere Probleme provoziert.

Die Siedler in Ostjerusalem sind radikale, bewaffnete Israelis, die den Konflikt in der Nachbarschaft nicht scheuen. In einigen Bezirken patrouillieren israelische Mobs nachts durch die Straßen auf der Suche nach Palästinensern. Und tagsüber liefern sich die Palästinenser Straßenschlachten mit den israelischen Soldaten und Polizisten.

Palästinenser in Ostjerusalem leben zurzeit in ständiger Unsicherheit. Das jüngste Opfer schürt die Angst und Frustration weiter: Ein palästinensischer Busfahrer der israelischen Busgesellschaft „Egged“ wurde gelyncht und an einem Strick hängend in einem Bus aufgefunden. Auch wenn die israelischen Behörden dies noch nicht bestätigt haben, kann stark davon ausgegangen werden, dass der Busfahrer keinen Suizid begangen hat.

Juden sollen nur Juden anstellen

Währenddessen werden die Häuser der Angehörigen der Täter der vergangenen Anschläge dem Erdboden gleichgemacht. Das ist eine israelische Taktik gegen Terrorismus. Das kollektive Bestrafen soll zukünftige Terroristen daran hindern, Anschläge auszuüben. Die israelische Armee hat bereits öffentlich zugegeben, dass dieses Vorgehen nicht die erhoffte Wirkung erzielt, und da es auch noch eine kostspielige Angelegenheit ist, solle man von Hauszerstörungen ablassen. Dass dieser Vorschlag weitgehend ignoriert wird, bestätigt die Annahme, dass hier nicht aktiv gegen Terror gekämpft, sondern vielmehr Terror gefördert wird.

Die nächsten Hauszerstörungen stehen bereits an: Schon bald wird die Armee gegen die Häuser der Attentäter des Massakers in der Synagoge vorrücken. Es braucht kein Genie, um zu erkennen, dass auf diese Weise nur noch mehr Terroristen gezüchtet werden.

Woran es momentan am meisten fehlt, ist eine klare politische Linie der Palästinenser in Ostjerusalem und dem Westjordanland. Etwa 38% der Bevölkerung Jerusalems sind Palästinenser. Und kein einziger von ihnen hat Einfluss auf die Regierung Jerusalems.

Für alle Baustellen in Ostjerusalem wurde ein Baustopp erteilt. Plakate werben dafür, dass Juden nur Juden anstellen sollen, die Infrastruktur Ostjerusalems leidet extrem. Bei den jüngsten Anschlägen handelte es sich nicht um organisierte Gewalttaten einer großen Gruppe. Es sind zumeist Einzelpersonen oder kleine Gruppen, die politisch keinen Einfluss haben.

Quelle der Gewalt

Israel hingegen verfolgt eine klare politische Linie, es ein Ziel und die Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen. Netanjahu hat mehr als deutlich gemacht, dass die Besatzung vorerst kein Ende nehmen und die Siedlungspolitik weiter ausgebaut werden wird. In den vergangenen zehn Jahren seit dem Ende der Zweiten Intifada, die sehr blutig für beide Seiten verlief, folgte die palästinensische Gesellschaft den Prinzipien der Gewaltfreiheit. Sie führte Gespräche mit den Vereinten Nationen und bekämpfte die israelischen Besatzung mit der BDS-Kampagne (Boycott, Divestment und Sanctions). Das geschah mit großem Engagement.

Doch auf israelischer Seite stoßen diese Aktionen nur auf harte Konfrontation. Die Antwort lautet: brutale Unterdrückung. Denn in den Augen der israelischen Regierung ist die Zusammenarbeit der Palästinenser mit den Vereinten Nationen eine Art „politischer Terrorismus“, und die BDS-Kampagne „Wirtschaftsterrorismus“. Aus diesem Grund nehmen israelische Sicherheitskräfte Aktivisten fest, die dann von Gerichten zu langen Haftstrafen verurteilt werden.

Wenn aber Israel auf friedlichen Widerstand mit Gewalt und Unterdrückung reagiert, dann wird der friedliche Widerstand bald zu einem gewaltsamen Widerstand führen. Denn die Botschaft, die bei der palästinensischen Gesellschaft ankommt, ist, dass es keinen gewaltfreien Weg gibt, sich gegen Israel zu wehren – Blut wird am Ende so oder so fließen. Es ist eine einfache Rechnung: Gewaltsame Unterdrückung löst gewaltsamen Widerstand aus.

Gesetz gegen Palästinenser

Kürzlich in Kraft getretene Gesetze führen dazu, dass jeder, der mit Steinen wirft, eine Haftstrafe von mindestens zehn Jahren befürchten muss – und das ohne fairen Prozess und ohne handfeste Beweislage. Auch wenn der Gesetzesentwurf sprachlich neutral korrekt formuliert sein mag, ist von vornherein klar, dass dieses Gesetz allein für Palästinenser bestimmt ist. Allein schon deshalb, weil nur Palästinenser mit Steinen werfen. Seit dem Massaker in der Synagoge wurde der Erwerb des Waffenscheines für Israelis erleichtert – jeder soll das Recht auf Selbstverteidigung haben.

Wenn den palästinensischen Israelis mehr und mehr Rechte weggenommen werden und der psychologische Terrorismus der Besatzung weitergeht, dann können gewaltvolle Übergriffe auf israelische Soldaten, Polizisten und leider auch Zivilisten nicht mehr überraschen. Eine Regierung, die so viel in Sicherheitspolitik und in die Armee investiert, kann nicht behaupten, sich dessen nicht im Klaren zu sein.

Ostjerusalem fällt einer israelischen Politik zum Opfer, die der Welt mit allen Mitteln zeigen will, dass die Palästinenser die Bösen sind und die Israelis alles Recht haben, sie zu vertreiben. Diese Politik nimmt bei ihrem Vorgehen bewusst Opfer in der israelischen Bevölkerung in Kauf, wohl wissend, dass zivile Opfer das größte Empören auslösen.

Es fragt sich also, wer hier wirklich der Böse ist. Derjenige, der seine eigenen Leute opfert, oder derjenige, der sich aus der Unterdrückung befreien will.

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