FDP-Rebell Schäffler droht zu scheitern

Hier geht's zum FDP-MitgliederentscheidWenige Tage vor Ablauf der Frist droht der vom FDP-Abgeordneten Frank Schäffler angestrebte FDP-Mitgliederentscheid gegen die Europa-Politik der Bundesregierung zu scheitern. Offenbar erreicht Schäffler bis zur am Dienstag ablaufenden Frist nicht mehr die notwendige Anzahl abgegebener Stimmen. Bis Freitag sollen etwas mehr als 16.600 Mitglieder ihre Stimmzettel an die FDP-Parteizentrale in Berlin geschickt haben, berichtet „Focus“. Schäffler braucht aber 21.500 Stimmen.

Auf seiner Internetseite appelliert Schäffler nun an die Mitglieder der Partei und ruft zur Abstimmung auf. „Das Quorum für Ihren Mitgliederentscheid wackelt gefährlich“, schreibt Schäffler. „Der Bundesvorstand baut darauf, dass es nicht erreicht wird. Denn so kann er sich weiter ohne klaren Kurs durch die Krise wurschteln.“

Mit seinem Antrag „Für ein Europa mit solidem Fundament: Recht, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft“ will Schäffler erreichen, dass die FDP dem von der Bundesregierung geplanten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) nicht zustimmt. Er stellt sich damit auch gegen die eigene Parteispitze, die auf sein Vorgehen mit einem Gegenantrag reagierte.

Nun ruft Schäffler seine Anhänger zur Telefon-Offensive auf. „Nehmen Sie jetzt an diesem Wochenende Ihr Telefon zur Hand und rufen Sie 5 Ihrer Parteifreunde an. Fragen Sie diese, ob sie schon abgestimmt haben. Mahnen Sie, dass es um den Ruf der FDP als eine vitale Partei geht“, schreibt Schäffler auf seiner Internetseite.

In der FDP heißt es, die Abstimmung über Schäfflers Antrag sei von der Parteispitze durch die Versendung der Abstimmungsunterlagen bewusst behindert worden. Der FDP-Politiker selbst sprach vor kurzem auf einer Veranstaltung im Berliner Hotel „Adlon“ von einer „Schusseligkeit der Parteiführung“.

Angeblich wurden die Abstimmungsunterlagen nicht gebündelt, sondern getrennt voneinander mit dem Mitgliedermagazin versandt. Für die Parteimitglieder sei auf den ersten Blick gar erkennbar gewesen, dass sich die Unterlagen in dem Magazin befanden. „Weil die meisten das nicht lesen, haben sie es gleich in den Papierkorb geworfen“, sagte ein Abgeordneter. Und ein Großteil derjenigen, die sich an der Abstimmung beteiligten, habe den „Versicherungsnachweis“ nicht mit eingereicht. Damit waren deren Stimmen ungültig.

Dieser Nachweis sei ein Zettel, auf dem der Teilnehmer bestätige, tatsächlich FDP-Mitglied zu sein. Während aber der Abstimmungsbogen auf der letzen Seite des Magazins zu finden gewesen sei, habe die Parteiführung den Zettel zur Versicherung der Mitgliedschaft in einer Ecke vorne im Magazin platziert. So sei dieser häufig übersehen worden.

Für die Parteispitze äußerte sich Generalsekretär Christian Lindner zufrieden mit dem Verlauf der Abstimmung. Wenn das Quorum von einem Drittel der Parteimitglieder nicht erreicht werden sollte, sähen viele FDP-Mitglieder „offenbar gar keinen Veränderungsbedarf an unserem europapolitischen Kurs“, sagte er den „Kieler Nachrichten“. Offenbar sei der Euro-Rettungsschirm für weniger FDP-Mitglieder ein Aufreger, als Schäffler gedacht habe.

In FDP-Kreisen heißt es allerdings, dass die Parteiführung sich auch für einen Abstimmungserfolg Schäfflers gerüstet habe. Für diesen Fall sei ein Weg erdacht worden, den Mitgliederentscheid nicht als solchen zu werten.

Günther Lachmann am 10. Dezember 2011 für Welt Online

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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