Merkels Journalisten-Klüngel

Wie soll die CDU mit der AfD umgehen? Bei der Beantwortung dieser Frage schöpfen Kanzlerin Angela Merkel und ihre Berater gern treu ergebene Journalisten ab.

Es wundert einen kaum, dass sich die Bundeskanzlerin im Kanzleramt mit Journalisten zu Geheimgesprächen über den Umgang mit der AfD, der Flüchtlingskrise und dem Brexit trifft. Aber dass diese unter dem Siegel der Verschwiegenheit stattfindenden Klüngelrunden nun auch noch den Segen der deutschen Justiz bekamen, ist schon ein paar Zeilen wert, zumal die Geschichte von den „Klüngelmedien“ wohlweislich unterschlagen wurde.

Ins Rollen gebracht hatte die Sache ein „Tagesspiegel“-Journalist, der von den Geheimgesprächen im Kanzleramt ausgeschlossen war. Weil er nicht dabei sein durfte, wollte er nach einem solchen Treffen wissen, was Angela Merkel mit seinen ausgewählten Kolleginnen und Kollegen von „Welt“, FAZ, Süddeutscher, ARD, ZDF und anderen Medien denn so zum Umgang mit der AfD, der Flüchtlingskrise und dem Brexit besprochen habe. Also stellte er eine entspreche Anfrage an das Kanzleramt. Aber Regierungssprecher Steffen Seibert dachte gar nicht daran, die Anfrage inhaltlich zu beantworten. Was Merkel da mit den ausgewählten Journalisten bespreche, das gehe ihn nichts an, ließ er den „Tagesspiegel“-Redakteur sinngemäß wissen.

Recht und Recht bekommen

„Wirklich?“, fragte der sich frustriert. Schließlich sichert doch das deutsche Presserecht allen Journalisten ein Auskunftsrecht bei Anfragen an öffentliche Behörden zu. Gehört das Kanzleramt etwa nicht dazu? Und überhaupt: Was hat die Kanzlerin Geheimes mit ausgewählten Journalisten zu besprechen?

Und weil er sich keinen anderen Rat wusste, zog er vor das Berliner Verwaltungsgericht. Zu seiner Überraschung fanden die Richter dort das Verhalten Angela Merkels und der ausgewählten Journalisten ebenfalls bedenklich und verpflichteten das Kanzleramt jetzt zu einer teilweisen Transparenz solcher Gespräche (AZ: VG 27 L 369.16).

Angela Merkel wiederum gefiel das freilich gar nicht. Folglich rief das Kanzleramt nun das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg an. Und siehe da, es bekam „Recht“. Der Tagesspiegel-Journalist könne Auskünfte über „Hintergrundgespräche“ der Kanzlerin mit ausgewählten Journalisten nicht im Eilverfahren durchsetzen, urteilten die Richter. Wörtlich schrieb das Gericht in einer Pressemitteilung:

„Den Antragsteller interessiert, zu welchen Hintergrundgesprächen andere Journalisten im Jahr 2016 von der Bundeskanzlerin und dem Bundeskanzleramt eingeladen wurden. Das Bundeskanzleramt hatte geltend gemacht, es plane die Gespräche zwar, doku-mentiere ihre spätere Durchführung aber nicht. Die vom Antragsteller gewünschten Informationen lägen der Behörde daher nicht vor.“

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Da behauptet das Kanzleramt, es plane zwar Journalistengespräche, könne sich aber an die Inhalte und Abläufe nicht erinnern. Und auf so etwas lassen sich deutsche Gerichte ein!

Auf Linie

Zum Verständnis: Seit eh und je ziehen sich die Parteien ihnen treu ergebene Journalisten heran. Das ist ein über viele Jahre währender Prozess. Das Vertrauen der Politik muss sich ein Hauptstadtjournalist hart erarbeiten. Wer nämlich kritisch berichtet, wird abgestraft. Er bekommt keine Interviews mehr und wird vom Informationsfluss abgeschnitten. Wer hingegen „funktioniert“, der darf irgendwann ins „Innerste der Macht“, sprich zu Hintergrundgesprächen ins Kanzleramt.

Dorthin schaffen es folglich nur jene Journalisten, die politisch voll und ganz bei Merkel sind und von denen sie also erwarten kann, dass sie ganz in ihrem Sinne berichten.

Aber es geht nicht nur ums Berichten, sondern auch um Beratung und Analyse der aktuellen Lage. Letzteres steht bei diesen „Geheimgesprächen“ im Mittelpunkt. Merkel lädt die Journalisten ein, weil sie wissen will, wie diese die Entwicklung der AfD wahrnehmen. Weil sie wissen will, wie in den Redaktionen darüber gesprochen wird, und wie die CDU mit der Partei umgehen soll. Im Gespräch wird dann eine „gemeinsame Linie“ entwickelt.

Fehlender Gegenwartsbezug?

Es sind meist Leitartikler, Chefreporter und Chefredakteure, die am Tisch der Kanzlerin platznehmen dürfen. Damit ist sichergestellt, dass die „gemeinsame Linie“ auch veröffentlicht und die öffentliche Meinung in ihrem Sinne beeinflusst wird. Auch die vom Kanzleramt gelegentlich in solchen Runden verbreiteten Informationen dienen allein diesem Zweck.

Freilich werden solche Treffen vom Kanzleramt minutiös vorbereitet; und da die Meinung der Journalisten für die weitere politisch-strategische Arbeit durchaus von Interesse ist, dürfte diese auch festgehalten werden. Aber natürlich wird das niemand zugeben, nicht einmal gegenüber den Richtern des Berliner Oberverwaltungsgerichts.

Die fanden sogar, dass der Klage des „Tagesspiegel“-Journalisten der nötige „Gegenwartsbezug“ fehle. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts:

„Er bekunde zwar, er interessiere sich besonders für Gespräche über bestimmte aktuelle Themen. Im Kern ziele er aber auf die seit vielen Jahren bestehende Praxis des Hinter-grundgesprächs mit Medienvertretern als solche und die dabei nach seiner Auffassung erfolgende Ungleichbehandlung von Journalisten. Hieraus ergebe sich nicht, warum er sogleich Auskunft benötige und seine Berichterstattung ansonsten in nicht hinzunehmender Weise erschwert werde.“

Und damit niemand auch nur auf die Idee kommt, noch einmal nachzuhaken, zogen die Richter gleich einen Schlussstrich:

„Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Komisch nur, dass sich nicht einmal die AfD wirklich über dieses Urteil aufregte…

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Über Thomas Castorp

Thomas (Hans) Castorp blickt vom Zauberberg herab auf die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Fragenstellungen. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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hubi Stendahl
hubi Stendahl
6 Jahre her

Prima Artikel Herr Castorp.

Jetzt müssen Sie nach Aufdeckung des Gemein machens zwischen ausgewählter Presse, Politik und Justiz noch den letzten Schritt machen und das Kind beim Namen nennen.

Alexander Grau hat auf Cicero hierzu einen wirklich erhellenden Beitrag geliefert:

http://cicero.de/kultur/bertelsmannstudien-opium-fuer-die-maechtigen

Bertelsmann, nicht die einzige unheilvolle Stiftung Deutschlands, aber die einflussreichste:

„Die Populismus-Studie der Bertelsmann Stiftung, diese Lesart drängt sich auf, ist der Versuch einer selbsternannten, interessengeleiteten Modernisierungselite, jeden Protest gegen die eigenen gesellschaftlichen Umbaupläne im Keim zu ersticken. Die wenig subtile Botschaft lautet: Widerstand ist zwecklos.“

Und wer ist die Freundin von Fr.Mohn?

http://www.agmiw.org/wp-content/uploads/2017/06/merkelavatare.jpg

https://www.youtube.com/watch?v=gnRiggUrmcQ

Aspasia
Aspasia
6 Jahre her

Wir haben schon lange eine Gesinnungsjustiz, Bsp. GEZ. Jedes Verwaltungsgericht verhindert durch sein Urteil die nachgewiesene Verfassungswidrigkeit der Zwangshauspauschale. Weder werden Rechtsgutachten, wie das von Prof. Dr. Koblenzer, das den Steuercharakter dieses „Zwangs Beitrages“ nachweist, noch die täglich nachgewiesene regierungsabhängige Berichterstattung der Öffentl.-Rechtlichen als Verfassungsbruch des Art. 5 GG berücksichtigt. Selbst das BVerG lehnt eine Prüfung dieses Umstandes ab. Die Justiz auf höchster Ebene geriert sich als ein Handlanger der Regierung. Eine Gewaltenteilung ist damit nicht mehr gegeben. Die Dauerberieselung der Bürger mit regierungsaffinen Berichten durch die Öffentlich-Rechtlichen zudem zwangsfinanziert von den so manipulierten Bürgern plus einer ebenso auf Linie… Read more »

Heinss
Reply to  Aspasia
6 Jahre her

Nicht nur das, die Justiz hat sich als Feudalwesen inzwischen vom Rechtsstaat verabschiedet. Hier hats halt einen Journalisten getroffen – und darum die Möglichkeit der Empörung. Ich zitiere mal das Verwaltungsgericht Mainz vom Juli letzten Jahres: „Die gerichtliche Feststellung, dass das Vorgehen der Beklagten (Behörde) rechtswidrig gewesen sein soll, kann die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessern“. Tatsächlich allerdings gesetzwidrig – das macht einen großen Unterschied und ist nachweisbar falsch wiedergegeben. Für juristisch Unkundige: Verwaltungsverfahren finden von Amts wegen statt, Gesetzesverstöße sind von der Verwaltung (wie dem Gericht) OHNE Antrag zu beseitigen. Noch Fragen? Ich hatte bei jouwatch schon kommentiert: Monaldi… Read more »

Siegfried Hermann
6 Jahre her

Das ganze ist doch einer Bananenrepublik mit el Diktatore würdig und macht es alle Ehre.

Das stramme FDJ-Mädchen lebt halt immer noch ihren real-sozialistischen Traum in stalinistischer Manier.
Das Problem ist nur: Es gibt keine wirklichen Alternativen in Deutschland, die es besser machen würden, Man denke nur an rotgrün.

Johnny
Johnny
6 Jahre her

Wer FDJ schreiben kann, sollte auch die drei Buchstaben AfD lesen könen, oder?

dragaoNordestino
6 Jahre her

Das die Politik mit den Medien Hintergrundgespräche führt und Leitlinien abspricht, ist eigentlich ein alter Hut und unter der Bevölkerung auch weitgehend bekannt…

http://docs.dpaq.de/10742-glaubwuerdigkeitsstudie-pdf-100-1.pdf

In Washington heisst diese Praxis „Background Briefings“…. Das Ganze ist wohl ein netter aufgeplusteter Aufhänger hinter dem man so einiges verstecken kann…

… Viel wichtiger und auch interessanter wäre es zu wissen, mit welchen Lobbyisten unsere Politdarsteller reden.

dragaoNordestino
Reply to  dragaoNordestino
6 Jahre her

Noch ein Anhang…. Und damit niemand auch nur auf die Idee kommt, noch einmal nachzuhaken, zogen die Richter gleich einen Schlussstrich: „Der Beschluss ist unanfechtbar.“ Dies ist ziemlich Manipulativ, und drückt den Leser in eine bestimmte Richtung. Denn, eigentlich müsste man dazu schon alles sagen…. zitiere aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg: Das OVG begründete seine Entscheidung damit, die Arbeitsabläufe im Bundeskanzleramt bei der Planung, Durchführung und Dokumentation von Gesprächen mit Medienvertretern müssten erst näher geklärt werden. Zurzeit sei offen, ob die Auskünfte erteilt werden könnten. Der Antragsteller könne sie aber nicht im Eilverfahren verlangen, sondern sei auf das… Read more »

Karl Bernhard Möllmann
Reply to  dragaoNordestino
6 Jahre her

. . .
Zumal Merkel’s Journalisten Klüngel ja nur eine raffinierte TARNUNG sind – zur Verschleierung der wahren DRAHTZIEHER hinter den Kulissen . . .
.
https://annaschublog.com/2017/07/24/dieser-mann-ist-fuer-angela-merkels-machtuebernahme-verantwortlich/

Heinss
Reply to  dragaoNordestino
6 Jahre her

Einerseits korrekt, daß Sie auf den Beschluß mit dem gesamten Inhalt verweisen, andererseits reicht es nicht die oberflächlichen Abläufe zu beurteilen. Sie verkennen, daß Verpackung und Inhalt auseinanderfallen können, das regelmäßig in der Justiz auch tun. Mal ganz plastisch:

wenn dort beschlossen wurde nach der Wahl mit medialer Begleitung die Weichen auf Flutung zu stellen – was nutzt das nach dem Ersaufen wenn ein paar am Ende des Rechtswegs (üblicherweise Jahre) feststellen, „man hätte gehabt“?

hubi Stendahl
hubi Stendahl
Reply to  dragaoNordestino
6 Jahre her

@Karl Bernhard Möllmann Verlinkung zum „annablog“. Seine wir mal ganz logisch. Nach Lesen des halben Artikels wird jedem klar, dass hier plumpe Judenhetze verkauft wird. Die Behauptung, dass Haim Saban Anfang der Neunziger der Kopf hinter der fulminanten Karriere A.Merkels war, ist mit einfachster Recherche und Logik zu widerlegen, denn zu diesem Zeitpunkt hatte dieser Mann überhaupt keine notwendigen Zugänge. Er wurde erst 1995 reich mit Zeichentrickserien die in den USA exorbitanten Erfolg hatten. Ein Jahr später tat er sich mit Rupert Murdoch zusammen und war im „Club“. Da war Merkel längst im Bertelsmann Club. Die gesamte Argumentationskette der Autorin… Read more »

Ranma
Ranma
6 Jahre her

Auch wenn sie nichts zum Urteil zu sagen hat, so könnte die AfD doch die Praxis der ‚Background Briefings‘ öffentlich kritisieren. Die AfD wäre in der Lage diesem Thema wie auch dem des Steuercharakters der Haushaltsbeiträge eine gewisse Öffentlichkeitswirksamkeit zu verschaffen. Daß die AfD solche Dinge nicht tut, läßt die Schlußfolgerung zu, daß die AfD keine Alternative, sondern längst eine CDU-nahe Systempartei ist.
Ranma

kosh
kosh
Reply to  Ranma
6 Jahre her

– … die AfD keine Alternative, sondern …

… seit ihrer Gründung …

– … eine CDU-nahe Systempartei ist.

Die Amis auf Kurs
Grüsse
kosh

PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.

Helmut Nater
Helmut Nater
6 Jahre her

Komisch nur, dass sich nicht einmal die AfD wirklich über dieses Urteil aufregte…

Mit Petry und Weidel ist die 5.Kolonne schon implantiert.Da wurde schon länger der Kotau vor denen praktiziert die das Sagen haben!

packi
packi
6 Jahre her

„Hinterzimmergespräche“ sind charakteristisch für VERBRECHER, da werden die neuesten SAUEREIEN ausgeheckt – so auch hier.

Zitrone
Zitrone
6 Jahre her

Dieser Film, den eine Jüdin aus Haifa gedreht hat, sagt alles über den Zustand
der Deutschen. Deshalb ist in diesem Land alles möglich, denn die Verblödung
ist einzigartig!

http://www.mediabremen.de/blum-haifa-we-are-germany-1-2017-1.mp4

MutigeAngstfrau
MutigeAngstfrau
6 Jahre her

Leider funktioniert der Link nicht. Aber ich stimme Ihnen auch so hundertprozentig zu @ Zitrone.
Und inzwischen tun mir ausschließlich die Kinder und Behinderten leid. Alle anderen Verblödeten k… mich nur noch an.

Zitrone
Zitrone
Reply to  MutigeAngstfrau
6 Jahre her

@MutigeAngstfrau

Kann heute leider meinen Informatikfreund nicht erreichen. Vielleicht kennt sich einer
der Lesern aus und weiß wie man den Link reanimiert?

helmutn
helmutn
Reply to  Zitrone
6 Jahre her

iCH HABE DEN lINK EINGEFÄRBT UND DANN EINGEFÜGT:fUNKTIONIERT1

Zitrone
Zitrone
Reply to  Zitrone
6 Jahre her

@helmutn

Gestern funktionierte dies aber noch nicht! Keine Ahnung warum.

hubi Stendahl
hubi Stendahl
Reply to  MutigeAngstfrau
6 Jahre her

@Zitrone @Mutige Angstfrau

vernutlich dieses Video?

https://www.youtube.com/watch?v=oAeExUsFHQ0

Zitrone
Zitrone
Reply to  hubi Stendahl
6 Jahre her

Ja! Vielen Dank, werter @hubi Stendahl!

Rosi
Rosi
Reply to  hubi Stendahl
6 Jahre her

Absolut treffend zusammengestellt! Vielen Dank @Zitrone für dieses Video.

Verblödung scheint da noch zu kurz gegriffen.

Die Dekadenz hat bald ihren Höhepunkt erreicht und dann knallt es gewaltig.

Deutscher
Deutscher
6 Jahre her

Der Bummerrang kommt mit voller Wucht zurück und trifft ausgerechnet diejenigen, die für diese Situation mitverantwortlich sind. Gottes Mühlen mahlen langsam, aber gerecht.

Der schöne Piet
Der schöne Piet
Reply to  Deutscher
6 Jahre her

„Gott“ hat damit schon mal gar nichts zu tun! Umso weniger als völlig unklar ist, welchen Begriffsinhalt diese vier Buchstaben bezeichnen könnten.
Aber die mystifizierende Vernebelung feiert in diesem Forum ja eh fröhliche Urständ…
siehe auch: Matrix, die

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