Erdogans Reich kollabiert

Im Machtrausch nimmt der türkische Präsident Erdogan den wirtschaftlichen und sozialen Niedergang seines Landes nicht wahr. Am Bosporos tickt eine Zeitbombe.

Wird die Erosion der Türkischen Lira einen ökonomischen Niedergang der Türkei herbeiführen? Seit Jahresbeginn verzeichnet die türkische Lira einen Verlust von knapp 9 % und markiert fast täglich neue Allzeit-Tiefs sowohl zum US-Dollar als auch zum Euro. Bereits im Vorjahr verzeichnete die Währung gegenüber dem Greenback einen Verlust von rund 17 %.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Erstens haben der im Juli 2016 gescheiterte Putsch und die massiven Reaktionen der Behörden das Vertrauen ausländischer Investoren nachhaltig beschädigt. Zweitens hätte die türkische Notenbank längst intervenieren müssen. Sie unterließ dies aber, weil Erdogans strikt gegen eine Anhebung der Zinsen ist.

Anstieg der Unternehmensinsolvenzen

Ökonomisch folgerichtig steigt die Inflation im Land. Zuletzt lag sie bei 8,6 % und damit 3,5 % über dem Ziel der Notenbank. Je weiter die Lira fällt, desto mehr wird die Inflation befeuert. Dadurch dürfte auch das Handelsbilanzdefizit weiter steigen. Derzeit liegt es bei etwa 5 % des BIP. Das heißt, die Importe des Landes übersteigen die Exporte bei weitem. Nach Einschätzungen der Unicredit wird ein steigendes Handelsbilanzdefizit die Inflationsrate im Verlauf des Jahres auf 12 % oder gar mehr anwachsen lassen.

Hinzu kommt die immense Verschuldung türkischer Unternehmen, die nach Analysen der Ratingagenturen derzeit bei 213 Milliarden US-Dollar liegen dürfte und die Assets in US-Dollar und weiteren Fremdwährungen bei weitem übersteigt.

Unterm Strich bedeutet dies, dass die Schwächung der Lira die Schuldentragfähigkeit der Unternehmen weiterhin verschlechtert. Folglich muss – wie auch Moody’s erwartet – von einem signifikanten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen ausgegangen werden. Aufgrund geringverzinster Kredite in US-Dollar sind viele türkische Privathaushalte diesen Verlockungen gefolgt und sitzen nun in der Carry-Trade-Falle fest.

Gesellschaftliche Verwerfungen

Nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am 2. Dezember 2016 seine Anhänger mit einem impliziten Aufwertungsversprechen dazu aufgefordert hatte, ihre Fremdwährungen in Lira oder Gold einzutauschen, folgten viele quasi in blindem Gehorsam diesem Aufruf, um nun nach wenige Wochen einen schmerzlichen Verlust einzufahren!

Da Erdoğan entgegen seiner substanzlosen Versprechen den Lira-Verfall nicht aufhalten kann, sind Auswirkungen auf seine Autorität nicht auszuschließen. Bei der Bevölkerung könnte der Eindruck entstehen, dass anders als der „große Führer“ orakelte, nicht irgendwelche ausländischen Mächte oder der böse Gülen die Verursacher der zu besichtigenden Malaise sind. Der ökonomische Aderlass des Landes erscheint vielmehr der mangelnden ökonomischen Kompetenz des Präsidenten und der ihn umgebenden Ja-Sager geschuldet zu sein.

Sofern also der Crash der türkischen Währung nicht aufzuhalten ist – und danach sieht es nun wahrhaftig aus – ist der wirtschaftliche Niedergang der Türkei nicht zu stoppen. Und die Folgen werden verheerend sein. Die Inflation wird weiter steigen, die Unternehmenszusammenbrüche werden zunehmen und aus Beschäftigten ein wachsendes Heer von Arbeitslosen machen. Am Ende stehen massive soziale Ungleichgewichte, die zu erheblichen gesellschaftlichen Verwerfungen im Land führen dürften.

 

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Über Oeconomicus

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hubi stendahl
hubi stendahl
7 Jahre her

Oeconomicus Zitat_ „Bei der Bevölkerung könnte der Eindruck entstehen, dass anders als der „große Führer“ orakelte, nicht irgendwelche ausländischen Mächte oder der böse Gülen die Verursacher der zu besichtigenden Malaise sind.“ Ich denke, dass das eine das andere nicht ausschließen muss, ja sogar angesichts der politischen Gesamtlage im Nahen Osten, wahrscheinlich ist, dass parallel zu den von Ihnen ohne Zweifel korrekt beschriebenen fiskalischen Vorgängen, auch ein konzertierter Angriff auf die Türkei von interessierter atlantischer Seite stattfindet. Wir wissen ja, dass er mehrere Attentatsversuche durch westl. Geheimdienste bereits abwehren konnte. Der „Sultan“ hat zwar offenbar gerade seine großosmanischen Träume vorerst ad… Read more »

Marcus Junge
Marcus Junge
Reply to  hubi stendahl
7 Jahre her

Der Typ in dem Video ist ja wohl völlig verblödet. Einer der der CDU immer noch nachtrauert und gern wieder mitspielen würde. Der 25 Jahre in dem Verräterverein war und bis heute nicht begriffen hat, wo er da war. Der ernsthaft glaubt der Mafia-Pate (Merkel) werden schon die Mafia zur Gesetzestreue bewegen. Sobald Merkel wieder in rechter Richtung blinken läßt, wählt so einer sofort wieder das „kleinere Übel“. 40% CDU+CSU … . Wegen solcher Pfeifen sind die Zustände im Land, wie sie halt sind. Wegen solcher Pfeifen werden sie sich nicht ändern. Sage ich, der ich nie einer Partei (legalisierte… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  Marcus Junge
7 Jahre her

@MarcusJunge Zitat: „Sobald Merkel wieder in rechter Richtung blinken läßt, wählt so einer sofort wieder das „kleinere Übel“. 40% CDU+CSU … .“ Sehe ich genauso. Erstaunlich ist aber, dass er nun, nachdem der Futtertrog für ihn entfernt wurde, sofort die Krallen ausfährt. Zitat. „……nutzlos auf die wahre Zahl hinzuweisen, wird nicht zu Kenntnis genommen.“ Das wird schon noch kommen. Aber geplant zu spät. http://www.mmnews.de/index.php/politik/93155-geheimplan-eu-steuer Im aktuellen Haushalt wurden 13 Mrd.€ Rückstellungen für „Flüchtlinge“ gebildet. Hört sich wenig an, wurde aber streng genommen aus anderen Kassen entnommen. So wird die Pflegeversicherung teurer, die Krankenversicherung und es wird an weiteren Steuern gebastelt,… Read more »

Conrath
Conrath
Reply to  hubi stendahl
7 Jahre her

@Hubi Stendahl Volle Zustimmung. Die Tatsache eines Schweigekartells und einer vorsätzlichen Kriegs- und Migrationsplanung (zum Schaden aller Betroffenen und gegen bestehende Gesetze) ist für jeden Selberdenkenden ‚der‘ entscheidende Moment in der gegenwärtigen Politik, hier und in der ganzen Welt. Und jeder, der von diesem wichtigen Thema ablenkt oder etwa die Politik Erdogans auf gewisse fiskaltheoretische Beobachtungen der schlechten wirtschaftlichen Kennzahlen reduziert und ohne Not den Zusammenhang mit der US-Vormachts-Unterwanderungspolitik ausblendet oder die Reputation, nicht das Thema des Reporters Thorsten Schulte, bespricht, handelt mMn mit dem Vorsatz, dem im Video genannten ‚Schweigekartell‘ durch eigenes, aktives Handeln, beizutreten. Die genaueren Ausführungen zur… Read more »

dragaoNordestino
7 Jahre her

Tut mir leid @ Oeconomicus, Ihre Ansichten zur Türkei teile ich nicht.

Geopolitisch schmidet diese ein eisernes Dreieck zwischen der Russischen Föderation und Iran. Die westliche Unwertegemeinschaft mit dem gefallenen US-Hegemon sind draussen.

Dass derzeit durch die von den US- und Vasallen angezettelten Sanktions- und Handelskriege in den Schwellenländer nicht alles rund läuft, versteht sich von selbst.

Nun dies ist aber nicht weiter schlimm, denn im Gegensatz zu den Wohlstandverarscheten Völkern der ersten Welt, verstehen sich Schwellenlandbewohner duraus zu helfen.

Im übrigen könnte Ihr Artikel auch in jedem beliebigen Mainstream stehen.. Wie war das noch.?.. Lügenpresse…..

Marcus Junge
Marcus Junge
Reply to  dragaoNordestino
7 Jahre her

Allein schon zu wissen daß die Türken sunnitisch sind und die Iraner Schiiten, macht dies zu einem Ding der Unmöglichkeit. Von Syrien ganz zu schweigen. Ihr „Dreieck“ ist eine Schimäre. — „verstehen sich Schwellenlandbewohner duraus zu helfen“ Indem sie massenhaft in der Ersten Welt einfallen. Aber wenn man nicht mal an 1961 denken tut, bevor man so einen Unsinn schreibt, wie Sie, versteht man das wohl nicht. Anwerbeabkommen BRD-Türkei, nach Zwang durch die USA, um Druck aus dem Arbeitslosenkessel der Türkei zu nehmen, um diese im Lager der USA zu halten. Visafreiheit EUdSSR-Türkei, um Druck aus dem Arbeitslosenkessel der Türkei… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  Marcus Junge
7 Jahre her

@ MarcusJunge „Aber wenn man nicht mal an 1961 denken tut, bevor man so einen Unsinn schreibt, wie Sie, versteht man das wohl nicht. Anwerbeabkommen BRD-Türkei,………“ Das dürfen Sie, lieber Herr Junge nur dann erwarten, wenn der Ansprechpartner überhaupt jemals etwas von der Historie Türkei/BRD/USA gehört oder gelesen hätte. Ihm reicht es, wenn er seinen Instinkten folgend, alles beschützen kann, was im Oktober noch 30° im Schatten hat. Das Drumherum macht Pipi Langstrumpf. Es war ihm offenbar wichtiger der Welt mitzuteilen, der Artikelverfasser habe „mainstreammäßig“ zu wenig „übrer“ den „Wohlstandverarscheten“, wer immer das sein soll und „Schwellenlandbewohner“, wer immer das… Read more »

kosh
kosh
Reply to  Marcus Junge
7 Jahre her

– … ob man hier überhaupt noch Artikel platzieren sollte, wenn reflexartig Bots einspringen und die Artikel mit persönlichen Beleidigungen zu entwerten versuchen. Aber man darf doch festhalten, dass sich die Situation im Vgl. zum letzten Herbst erheblich gebessert hat, oder? Wegen 1961, wurde das hier schon mal aufgearbeitet oder gehört es zum Allgemeinwissen? Mir begegnet das in dieser Form nämlich zum 1. Mal, obwohl es im Zshg. mit Merkels Frohlockungen genügend Gelegenheiten gegeben hätte, auf die Parallelen hinzuweisen. Ansonsten sehe ich den Sultan wegen der historischen Bruchlinie Türkei-Russland in einer wackligen Position. Nebenbei erwähnt gibt es auch die Devise,… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  Marcus Junge
7 Jahre her

@Marcus Junge Indem sie massenhaft in der Ersten Welt einfallen. Aber wenn man nicht mal an 1961 denken tut, bevor man so einen Unsinn schreibt, wie Sie, versteht man das wohl nicht. Na ja Junge, die Anwerbeabkommen der 50er und 60er Jahre sind mir schon ein Begriff. Diese wurden aber, wie schon die Mehrzahl zeigt, nicht nur mit der Türkei abgeschlossen. Anwerbeabkommen der BRD: Italien (1955), Griechenland (1960), Spanien (1960), Marokko (1963), Südkorea (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und Jugoslawien (1968) Auch die Schweiz hatte solche Anwerbeabkommen. Es waren ganz einfach nicht genügend einheimische Arbeiter vorhanden um die Drecksarbeit zu… Read more »

Oeconomicus
Reply to  dragaoNordestino
7 Jahre her

@dragaoNordestino

Vielleicht sollten Sie die Sachverhalte erneut reflektieren.
Dabei könnte es u.a. hilfreich sein Ihren Hinweis auf das „eiserne Dreieck“ im Lichte der Von Erdogan umworbenden TURK-Staaten zu betrachten, welche sozusagen im Vorgarten des Kreml angesiedelt sind.

Marcus Junge
Marcus Junge
7 Jahre her

Laut Lügenpresse von vor 2 Jahren, ist die Türkei das Vorbild für die BRD, weil deren Wirtschaft soooooo toll da stünde.

Ansonsten, die vielen Türken haben doch ein Rettungsboot, die BRD, die nimmt jeden, in jeder Menge. Da viele Türken schon mal hier waren oder Leute haben die immer noch hier sind, ist es umso leichter (wieder) herzukommen.

Erika freut sich sicherlich darüber bald wieder „Menschen geschenkt zu bekommen“. „Echte“ „Fachkräfte“ diesmal.

Karl Bernhard Möllmann
Karl Bernhard Möllmann
7 Jahre her

. . . In Erdogan’s Haut möchte ich NICHT stecken! . Maximaler Druck von ALLEN Seiten! . Ein ECHTER Putsch-Versuch! . WER will die Türkei kollabieren – und WARUM? . WENN Hillary Clinton die ISIS via Saudi Arabien & Katar GEHEIM finanziert hat (wie Julian Assange unwiderlegbar BEWIESEN hat) – gleichzeitig die USA die Türkei unbedingt als NATO-Stützpunkt brauchen – gleichzeitig Deutschland die Türkei in der Flüchtlings-Frage braucht – gleichzeitig Hillary Clinton mit Libyens Zerstörung DIESES Flüchtlings-Problem überhaupt erst so eskaliert hat – dann deutet Vieles für mich auf einen GEHEIMEN US-AMOK-Lauf der CIA gegen Erdogan unter der TARNUNG der… Read more »

Conrath
Conrath
7 Jahre her

@KBM Es stimmt, Trump soll verhindert werden, aber Sie irren bezüglich der Auftragsvergabe. Nicht die CIA organisiert aus sich herau, auch nicht die Propaganda-Presse oder weitere institutionelle Teilnehmer, Fraktionen, Bündnisse. Es sind wenige, die diese Instrumente nutzen lassen, bestellt haben aus eigenem Entschluß, die anderen nach ihrer Pfeife tanzen lassen, das ist ein bedeutender Unterschied, Herr Möllmann, kein Rechtschreib- oder Stilfehler Die Anti-Trump-Front besteht aus vielen Gruppierungen und Einzelnen, aber gelenkt wird dieser Haufen von einer kleinen Gruppierung, die sich selber nicht zeigt und nicht identisch ist mit den eingesetzten Strohpuppen und öffentlichen Akteuren. Ungenaues Formulieren und ungenaue Begriffe führen… Read more »

Karl Bernhard Möllmann
Karl Bernhard Möllmann
Reply to  Conrath
7 Jahre her

. . . ZITAT @ Con: . „Die Anti-Trump-Front besteht aus vielen Gruppierungen und Einzelnen, aber gelenkt wird dieser Haufen von einer kleinen Gruppierung, die sich selber nicht zeigt und nicht identisch ist mit den eingesetzten Strohpuppen und öffentlichen Akteuren.“ . Und dann Ihre perfide FALSCH-DIAGNOSE – DIE NUR IHNEN SELBST GELTEN SOLLTE – WEIL SIE AUF IHRE WORTE ZUTRIFFT: . ZITAT @ Con: . „Ungenaues Formulieren und ungenaue Begriffe führen nicht weiter.“ . WARUM in aller WELT formulieren Sie dann entweder so UNGENAU wie Heute – oder alternativ so UNVERSTÄNDLICH wie in der letzten Woche . . . ?… Read more »

Conrath
Conrath
Reply to  Karl Bernhard Möllmann
7 Jahre her

besser kurz antworten und dafür weniger schlampig formulieren, Herr KBM,
sorry ich überlese mittlerweile und das ist doch schade, schonen Sie Ihre Nerven und die Zeit der anderen, Danke.

Das ‚alter ego‘, die Projektionsfläche, grüßt Sie weiterhin höflichst

(die englische Art der Tavistocker 😉 )

Karel
Karel
7 Jahre her

Herrlich, und ich überlese Conrath schon seit 10 Tagen.

Es ist ein Genuss!

Probiert es aus. Ein Jeder.

Fühlt sich an wie ein Gewinn!

Das Gegenteil wiederfährt mir mit KBM.

Er ist in der Sache richtig. Nicht in jedem Detail.

(Diesen letzten weil kurzen C Beitrag habe ich ausnahmsweise nicht überlesen. Ihr seht was dabei herauskam.)

frisöse
frisöse
7 Jahre her

kinder, tuts net wieder streiten.

Agincourt
Agincourt
7 Jahre her

Zum sog. Anwerbeabkommen mit der Tk aus dem Jahre 1961 wäre zu sagen, dass eine Denkschrift des damaligen Bundesarbeitsministeriums sich vor dem Hintergrund der sich zu dieser Zeit bereits ankündigenden, ersten strukturellen Rezession in der Noch-Wirtschaftswunder BRD in der Kohle- und Stahlbranche sich ausdrücklich gegen dieses Abkommen aussprach.

Man sah klar, dass weitere ausländische Arbeitnehmer – die erste Generation der in die BRD verbrachten Türken hat noch tatsächlich gearbeitet -, zudem solche mit sehr niedriger Qualifikation, nicht benötigt würden und u.U. soziale Folgelasten…

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