Der Verlust der Mitmenschlichkeit

Soziale Beziehungen ermüden. Misstrauen und Gleichgültigkeit nehmen zu. Dürfen wir Menschen verurteilen, die über einen am Boden liegenden Sterbenden hinwegstiegen?

In Essen stiegen mehrere Leute über einen Sterbenden, der in einer Bank lag.[1] Das klingt grausam. Aber wir kennen die Umstände nicht und können die fatale Geschichte deshalb nicht beurteilen. Ich würde persönlich nicht jedem Menschen soweit trauen, dass ich ihn anfasse, wenn er dem Anschein nach so hilflos daliegt.

Die Erfahrungen, die man beispielsweise als Rumänien- oder Tschechoslowakei-Reisender gemacht hat, lassen eine Hilfeleistung als sehr riskant erscheinen. Rumänen fallen prinzipiell nicht auf am Boden liegende „Halbtote“ rein. Denn zu oft verstellen sich Kriminelle als hilfsbedürftig, um dann schwere und teure Straftaten gegen leichtgläubige Helfer zu begehen.

Wer sich in Gefahr begibt…

Allen verbotenen Pauschalierungen zum Trotz: Bei der Mitmenschlichkeit kommt es inzwischen auch sehr drauf an, wie jemand aussieht. Heutzutage ist nämlich viel unseriöses Volk unterwegs, wo man nie weiß, ob der hilfebedürftig Wirkende vielleicht betrunken ist und beim Aufwachen aggressiv wird oder sogar schwerkriminell ist. Nicht einmal auf die Hilfsbedürftigkeit von Frauen und Kindern kann man sich verlassen, wenn bereits eine Fünfzehnjährige einen Polizisten in den Hals sticht. Die junge Dame wollte doch nur töten, weil der Polizist in ihren Augen ein Kuffar war.

Ist dieses Misstrauen auch der Preis von Claudia Roths bunter Vielfalt? Jedenfalls ist Misstrauen ist in brenzligen Situationen ein guter Ratgeber. Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um, pflegte meine Großmutter zu sagen. Und die hatte in und vor allem nach zwei Weltkriegen einiges an Lehrgeld bezahlt.

Bei meinem letzten Nürnberg-Trip musste ich einen Bahnhof durchqueren, um ein Parkhaus auf der anderen Seite der Bahn zu erreichen. Vor den Nebeneingängen des Bahnhofs konnte ich das Gruseln lernen. Wenn die SPD-Granden die biederen Sachsen als Pack bezeichnen, welche Bezeichnung verdienen dann die Vorplatzbevölkerer so eines Bahnhofs?

In diesem Bahnhofsdurchgang hätte ich prinzipiell keinem Menschen geholfen, ich war nur froh, dass ich heil durch war, denn ich hatte meinen großen Hund nicht mit. Dummerweise wird man oft schief angeschaut, wenn man mit einem starken Hund in eine Bank, ein Geschäft oder ein öffentliches Gebäude geht. Das ist nicht zeitgemäß.

Wer ist unser „Nächster“?

Die Presse berichtet gerade von einer Messerstecherei in Frankfurt, von einem Messermord in Hamburg und von verschiedenen Gewalttaten gegen Polizisten. Wenn nicht einmal bewaffnete Polizisten Respekt genießen, wie wird man als einfacher waffenloser Bürger wertgeschätzt?

Kann sein, dass unser „Nächster“, um diesen biblischen Ausdruck zu strapazieren, zu Rauschgifthändlern gehört, oder zum IS und in der nächsten Sekunde ein Messer rausklappt und einem den Kopf abschneidet. Oder es ist ein Grieche oder ein Orientale und man hat dann die ganze Großfamilie auf dem Hals, wenn man was falsch macht und der arme Kerl stirbt.

Man muss wirklich wissen, wie der Mann aussah, der da in Essen auf dem Fußboden lag. Ob er einen vertrauenerweckenden Eindruck machte. Auf den Zeitungsfotos sieht man nur Turnschuhe und sowas ähnliches wie einen Trainingsanzug. Den Kopf dürfen die Pressefotografen wegen der Persönlichkeitsrechte nicht zeigen. Ist auch richtig so, aber ohne die Erfassung der Gesamtsituation kann man nicht werten und niemanden be- oder verurteilen.

Nicht vorverurteilen

Das Verhalten der vier Leute, die nicht geholfen haben, kann auch ethnische Gründe haben. War der Sterbende vielleicht ein Kurde, und die anderen waren Türken? Eine solche Konstellation könnte eine gute Tat auch eher unwahrscheinlich machen. Wir wissen einfach viel weniger als die Polizei.

In einer Welt, die immer unzivilisierter wird, und in der Gesetzgebung und Justiz versagen, geht das Grundvertrauen der Bürger verloren. Niemand sollte also die Menschen, die sich nicht um den Sterbenden gekümmert haben, pauschal verurteilen, weil sie vermutlich falsch gehandelt haben. Nicht nur in Großstädten ermüden leider die sozialen Beziehungen, und das hat handfeste Gründe. Wenn Frau Dr. Merkel mit ihrer unbedachten Rechtspolitik so weiter macht, ist sich zum Schluss jeder selbst der Nächste.

Anmerkung

[1] http://www.derwesten.de/staedte/essen/bankkunden-lassen-sterbenden-mann-liegen-und-heben-geld-ab-id12313066.html

 

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Über Wolfgang Prabel

Wolfgang Prabel über sich: "Ich sehe die Welt der Nachrichten aus dem Blickwinkel des Ingenieurs und rechne gerne nach, was uns die Medien auftischen. Manchmal mit seltsamen Methoden, sind halt Überschläge... Bin Kommunalpolitiker, Ingenieur, Blogger. Ich bin weder schön noch eitel. Darum gibt es kein Bild." Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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asisi1
asisi1
7 Jahre her

es kann ja heute auch der dumm-Michel noch nicht einmal „Guten Tag“ sagen. die sozio-grüne Lehrerschaft macht es den kindern schon vor. diese Spezies kann auch nicht grüßen. also wovon wird denn hier geredet.am schlimmsten sind die beamten, diese reden nur von ihrer pension und wieviel sie abgezogen bekommen. alles muss raus!!!

Diederich Heßling
Diederich Heßling
7 Jahre her

Lieber Herr Prabel,

ich stimme Ihnen zu. Auch kenne ich den Nürnberger Hbf bei Nacht aus diversen Umsteigevorgängen in den Jahren 2014 bis Mitte 2015. Jetzt ist es wohl viel schlimmer…
ABER: was ich dringend vermisse, warum empfehlen Sie nicht, zumindest den Notruf zu wählen. Es gibt erfahrungsgemäß keinen Menschen ohne Handy mehr. Dann hat man die „Zuständigen“ informiert. Aber gar nichts tun!? Das ist eine Sauerei!

Hermann Feist
Hermann Feist
7 Jahre her

Das ein Greis zum potentiellen Gewalttäter mutiert ist wohl ziemlich unwahrscheinlich.
Bei jüngeren Personen ist das Misstrauen jedoch angebracht.
Ein Anruf bei der Polizei sollte immer möglich sein.

Gruselig finde ich das die „Opfer- Täter“ Szenarien mittlerweile Einzug in die Tatorte gefunden haben.
Es gibt mittlerweile derart viele Gestörte in unserem Land, das ich die Blaupausen aus dem TV für gefährlich halte.

Karl Bernhard Möllmann
7 Jahre her

. . . ZITAT @ Wolfgang Prabel: „In einer Welt, die immer unzivilisierter wird, und in der Gesetzgebung und Justiz versagen, geht das Grundvertrauen der Bürger verloren.“ . DAS ist die logische FOLGE unserer blinden Nibelungen-Treue zu Amerika. . In den USA ist inzwischen die gesamte Justiz käuflich – DAS DEMONSTRIERT GERADE DER CHEF DES FBI – JAMES COMEY. . Erst wird Hillary Clinton in einem Hau-Ruck-Verfahren OHNE Gerichts-Prozess vom korrupten FBI pauschal freigesprochen – obwohl sie sogar noch unter Eid 39 Mal den US-Kongress belogen hatte . . . . Dann erklärt der zweite Anwärter auf die US-Präsidentschaft: „The… Read more »

Johannes
Johannes
7 Jahre her

„In einer Welt, die immer unzivilisierter wird, und in der Gesetzgebung und Justiz versagen, geht das Grundvertrauen der Bürger verloren.“ Ich würde formulieren: „In einem Deutschland, das immer unzivilisierter wird, und in der Gesetzgebung und Justiz versagen, geht das Grundvertrauen der Bürger verloren. Weite Teile der Welt waren schon immer ein unsicherer Hort und werden es wohl auch bleiben. Bei unserem Land ist das hingegen etwas anderes: hier zieht eine Entwicklung Bahn, die auf Dauer Gesellschaftszerstörend wirkt. Einen Vorfall, wie hier beschrieben, hätte es mit großer Wahrscheinlichkeit vor 20/25 Jahren so nicht gegeben. Es ist, zugegeben, eine Mutmaßung, aber eine… Read more »

Wayne Podolski
7 Jahre her

Hier ein paar Erfahrungen,die ich im Oktober mit Einheimischen hatte. Mein Webhost hat trotz fristgerechter Kündigung Geld von meinem Konto abgebucht, was einiges an Rumgezerre zur Folge hatte. Mein Reisebüro hat das Rückflugdatum meiner nächsten Reise versaubeutelt. Man bot mir an, das Datum zu ändern, wenn ich 250 Euro mehr als den Kaufpreis bezahlen würde ! Alternativ könne ich auch stornieren, man würde mir dann ein sechstel des Kaufpreises in Gutscheinform erstatten. Dann war ich mit Mutterns Corsa beim TÜV, wo man feststellte, das das Rückfahrlicht nicht brannte. Die Opel-Vertragswerkstatt hat eine Messung durchgeführt und ist zu dem Schluss gekommen,… Read more »

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