Berliner Staatsjournalismus

Anders als früher sitzen heute die Politikchefs aller Medien in Berlin. Sie schreiben alle dasselbe. Aber es gibt keinen, der erzählt, wie das Leben wirklich ist. Der Wochenrückblick als Sonntagspanorama.

Liebe Leserinnen und Leser, ich soll ja jetzt jedem zu Hause erzählen, wie sicher und angenehm es trotz Putschversuchs im Juli als Tourist in der Türkei ist. Gut, die Strände bei Alanya waren wirklich schön halbleer. 30–40 Prozent weniger Touristen machen sich bemerkbar. Wenn man aber bedenkt, dass sich die Kleinstadt Alanya mit ihrer Einwohnerzahl von 300.000 Menschen während der touristischen Hochsaison normalerweise auf bis zu 700.000 Menschen aufpumpt, bedeutet der momentane Gästerückgang nur, dass eine überzüchtete türkische Tourismusindustrie auf Normalmaß zurückgestutzt wird. „Im Mai war es im Vergleich zu jetzt (also Anfang September, Anm. d. A.) die Hölle“, meinte ein Miturlauber zu mir, der sich bereits vor dem Putschversuch an Alanyas Stränden erholen wollte.

Das ist übrigens mein Lieblingsurlaubsfoto:

Ein weiser Mann auf einem Hügel vor Alanya

Weiser Mann © Claus Folger

Weiser Mann © Claus Folger

Und was macht man so im Urlaub? Man lümmelt mit einem guten Buch an einem schönen, halbleeren (!) Strand rum! Diesmal der Gesprächsband Zum Werk von Roger Willemsen, herausgegeben von Insa Wilke. Der vielseitige Intellektuelle beklagt darin deutsche Zensur.

„Haben Sie Zensur erlebt?“

„Ich habe zahlreiche Verbote erlebt. Ich durfte beim ZDF nach zwei Jahren Willemsens Woche keine Politiker mehr einladen, weil ich mir in einem Joschka-Fischer-Interview eine Unbotmäßigkeit gegen Helmut Kohl erlaubt hatte. Das führte dazu, dass der Intendant mir mitteilte, ich könne ja zukünftig Politikergattinnen interviewen. Das war ernst gemeint. Ich habe damals gesagt bekommen, dass mit großer Regelmäßigkeit CSU-Verbände aus Bayern dem Intendanten Videokassetten schickten, auf denen die schlimmsten Ausschnitte aus meiner letzten Sendung zu sehen waren. Und ich habe einen Brief von Dieter Stolte, dem damaligen Intendanten des ZDF, in dem es hieß: ‚Schon wieder habe ich Anlass, mich über Sie zu ärgern.‘“

„Einzelfälle?“

„Dieter Hildebrandt durfte im ZDF nicht auftreten, weil er sich mal über Stoltes Weinkeller lustig gemacht hatte. Man muss sich vorstellen, dass ich dann im Monatsabstand wiederholt habe, ich will Politiker interviewen. Ich will Dieter Hildebrandt einladen, aber ich durfte nicht einmal mehr Regionalpolitiker interviewen. Die Selbstherrlichkeit, mit der das durchgeführt wurde, und auch – das sage ich mit Ausrufezeichen – die vollkommene Gleichgültigkeit, mit der das gesamte politische Personal darauf reagierte, hat niemand beschrieben. Ich habe das Heide Simonis, Schröder, Scharping, Lafontaine erzählt – niemand fand das anstößig. Das war handelsüblich unter all diesen Freunden der Meinungsfreiheit.“

Schade, dass Roger Willemsen so früh verstorben ist. Ich erlebte ihn einmal zur Buchpräsentation von Bangkok noir in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main. Er wirkte genau so, wie er oft beschrieben wurde: Ein Kopf voller widerspenstiger Locken, jungenhafte Züge, höflich, liebenswert, zuvorkommend. Schauen Sie sich im Gegenzug den Proleten Til Schweiger an. Achten Sie auch darauf, wer den meisten Beifall im folgenden Video erhält!

Aufklärung versus Nato-Propaganda

Zensur im Springer-Konzern

Deutsche Zensur gibt es erst recht im Springer-Konzern. Dort verpflichten sich die Journalisten zu einer Pro-Israel und Pro-USA Berichterstattung. Unter anderem folgende Unternehmensgrundsätze unterschreiben Redakteure in ihren Arbeitsverträgen:

  • „Das Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen, hierzu gehört auch die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes.
  • Die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.“

Interessant ist, dass der Springer-Konzern zwischen Deutschen und Juden unterscheidet. Haben das nicht auch die Nationalsozialisten so gemacht? Welches krude (zionistische?) Weltbild hat dieser Konzern, dass es für ihn keine deutschen Staatsbürger mit jüdischer Religionszugehörigkeit zu geben scheint.

Nichtsdestotrotz, der mittlerweile hochgehandelte Chefredakteur der zum Springerkonzern gehörenden „BZ“, Peter Huth, frohlockt:

„Wer könnte dem widersprechen? Wer ist denn gegen eine Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden, wer außer Wahnsinnigen würde dem israelischen Volk (oder irgendeinem Volk) das Lebensrecht verweigern?“[1]

Ich google jetzt mal unter Lebensrecht/Volk. Hier habe ich vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung, und Volksbildung auch gleich eine Richtlinie für den Geschichtsunterricht 1938 entdeckt:

„Das deutsche Volk in seiner Wesensart und Größe, in seinem schicksalshaften Ringen um innere und äußere Selbstbehauptung ist Gegenstand des Geschichtsunterrichts. Er baut auf der naturgegebenen Verbundenheit des Kindes mit seinem Volke auf und ist, indem er die Geschichte als den schicksalhaften Daseinskampf der Völker verstehen läßt, in besonderem Maße berufen, die Jugend zu erziehen zur Ehrfurcht vor der großen deutschen Vergangenheit, zum Glauben an die Sendung und Zukunft des eigenen Volkes und zur Achtung vor dem Lebensrecht anderer Völker (…)“[2]

Vom Lebensrecht der Völker/des israelischen Volkes – sind damit die zwölf alttestamentarischen Stämme gemeint? – zu sprechen – das gab es also schon einmal…

Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner: „Ich bin ein Zionist!“

Geht es um ihren jüdischen Stamm in Israel, dann sind Springer-Journalisten kernig rechtsradikal. Aber noch im letzten Jahr hat die linksradikale Bildzeitung für Merkel-Deutschland das Glück offener Grenzen propagiert. Die Parole: „Refugees welcome!“

„Wir waren in der Anfangszeit geradezu beseelt von der historischen Aufgabe, die es nun zu bewältigen galt“, sagt Giovanni di Lorenzo.

Der gefühlsduselige Chefredakteur der Zeit konnte nach Merkels Grenzöffnung im September letzten Jahres nicht mehr an sich halten. – Deutschland kann so peinlich sein!

Wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, in der unbegrenzten Aufnahme von Einwanderern eine historische Mission zu erblicken?! Erklären Sie das mal einem nicht Geisteskranken! – Lesen Sie dazu auch das weise Schaf der Woche.

Schwarzes-Schaf / Quelle: Claus Folger

Schwarzes-Schaf / Quelle: Claus Folger

Das schwarze Schaf der Woche

„Gewöhn dich dran. Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht“ twitterte der Spiegel-Korrespondent Hasnain Kazim laut Tichyseinblick.de. Und weiter: „AfD-Vize Gauland sagt: ,Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land.‘ Meine Antwort: Gewöhn dich dran, Alter!“

 

Weißes-Schaf Quelle: Claus Folger

Weißes-Schaf Quelle: Claus Folger

Das weise Schaf der Woche

„Um die kritische Distanz zur Politik wieder zu vergrößern, sollten Journalisten Berlin verlassen! Früher saßen die politischen Redaktionen der Zeitungen in ihren Erscheinungsorten in Frankfurt, Düsseldorf und so weiter. In Bonn hatten sie nur einen oder wenige Korrespondenten als Horchposten. Der Politikchef, der bestimmte, was in die Zeitung kommt, saß in München und stand unter dem Eindruck einer föderalen Ordnung, zu der auch BMW und Siemens gehörten. Daraus hat er eine politische Linie entwickelt. Heute sitzen die Politikchefs alle in Berlin. Aber in Berlin gibt es keinen, der erzählt, wie das Leben wirklich ist. Da erfährt man nicht, was für Probleme ein Autokonzern derzeit hat. Journalisten sind dort korrumpiert durch die Nähe zum politischen Betrieb, übernehmen dessen Sichtweisen durch diese ganzen Hintergrundkreise. Die schreiben dann alle dasselbe. Aber die Leute wollen das nicht mehr lesen. Das ist der eigentliche Grund für die derzeitige Krise des Journalismus. Er ist zum Staatsjournalismus geworden“, schreibt der Journalist Roland Tichy.[3]

Mein Lektüretipp der Woche:

Der amerikanische Killerpräsident Obama (Todesdrohnen) oder der philippinische Killerpräsident Duterte (Todesschwadronen): Wer gibt mehr Morde in Auftrag? Wer ist der größere Totmacher-Präsident?[4]

 

Anmerkungen

[1] http://nachhaltigkeit.axelspringer.de/de/grundsaetze/unternehmensgrundsaetze.html

[2] http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/German78.pdf

[3] http://www.tichyseinblick.de/feuilleton/buecher/roland-tichy-hauptstadtjournalisten-sind-staatsjournalisten/

[4] http://qpress.de/2016/09/14/killerpraesidenten-obama-und-duterte-wieder-einig/

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waltomax
waltomax
7 Jahre her

Hofberichteratattung! Wohin man nur blickt. 2013 hatte ich Gelegenheit, mich mit einem ehemaligen Stasi-Major auszutauschen. Er führte das Scheitern des real existierenden Sozialismus u. a. auf die kollektive Verdrängung der Wahrheit zurück. Die Medien in der DDR zeichneten ein stark geschöntes Bild und die politisch Verantwortlichen nahmen nur noch wahr, was sie für wahr haben wollten. Vielleicht ist diese selektive Wahrnehmung, die auch Adolf Hitler am strategischen Kartentisch zeigte, ein psychischer Schutzmechanismus, um sich vor notwenigen Konsequenzen zu drücken oder sich gar sein Scheitern eingestehen zu müssen. Frau Dr. Merkel zeigt ebefalls schon derlei Anzeichen einer völligen Abgehobenheit von der… Read more »

Gast
Gast
7 Jahre her

https://deutsch.rt.com/international/40818-moskau-beruft-dringlichkeitssitzung-un-sicherheitsrats/ ich schreibe das hier aus russischer Sicht—wie wir denken. Finanzsystem scheint wohl noch vor Weihnachten zu Crashen—lieber wird in Europa ein Krieg inszeniert. Mäkel aus reiner Doofheit —ganz vorne mit dabei. Die Amis können doch über das Baltikum direkt nach Rußland hineingehen-klassische Route — warum der Umweg Syrien ?–aber ab ST. Petersburg stehen schon auf Nebengleisen hunderte Kampfpanzer bereit—alles selber gesehen. Die Russen sind vorbereitet, die Russischen Bevölkerung wird kämpfen bis zur letzten Frau —-; Skov ist schon mobilisiert—selber gesehen überall Militär. Vom Merkel-Deutschland wir nichts mehr übrig bleiben. Die werden verbrannte Erde hinterlassen wie damals die SS-Verbände in… Read more »

waltomax
waltomax
Reply to  Gast
7 Jahre her

@Gast Die meisten Deutschen sind für einen Austritt aus der NATO, den Abzug der Besatzungstruppen und für einen strategischen Bündniswechsel hin zu Russland. Hier in Deutschland gibt es einige völlig verblendete Transatlantiker, die nicht sehen, dass Deutschland für die USA lediglich Flugzeugträger, Aufmarschgebiet und Schlachtfeld ist. Noch blöder sind die Polen, die sich den USA an den Hals werfen und ebnfalls nur als Kanonenfutter vorgesehen sind. Der Feind Deutschlands waren die Briten, die USA sowie die „Unsäglichen“ und sie bleiben es auch. Was passiert jetzt? Nun wird Deutschland endgültig vernichtet; die Asylanten gleich mit. Dadurch wird viel Platz in der… Read more »

Gast
Gast
7 Jahre her

“ In der Hölle ist es unerträglich heiß “ und in der Sanduhr steht die Zeit

https://www.youtube.com/watch?v=H-Ps4iWmM24&feature=youtu.be

Gast
Gast
Reply to  Gast
7 Jahre her

@Waltomax—alles richtig was Sie sagen–die „unaussprechmichen“ arbeiten seit 100 Jahren an der Vernichtung Deutschlands und haben WK 1 + WK 2 initiiert; auch die Revolution in Ru finanziert + deren Zentralbank für 100 Jahre gepachtet. Ich sehe die einzige Chance für die Deutschem in der Separierung mittels des ehemaligen DDR Gebietes, den rechtlich besteht das DDR Gebiet noch, es konnte aus Doofheit Scheubles siehe voreilige GG Änderung von 1990 rechtlich nicht integriert werden. Ist momentan noch frei. Somit ist die DDR der BRD nie beigetreten sondern wurde nur hinzugeschlagen. Müntefering hat sich auch 1990 so geäußert. Die Reichen , Einflußreichen… Read more »

der kleine dicke Ritter
der kleine dicke Ritter
7 Jahre her

Was der Autor des Artikels nicht zum Ausdruck bringt, ist die Gefahr, dass die Presse ihre fundamentale Rolle aufgegeben hat: Die Freiheit zu schützen. Sie ist übergelaufen zum Staat und fungiert als Staatsmedium bzw. Staatsmedien. Wir laufen Gefahr ein totalitärer Staat zu werden. Diese mögliche Kapitulation manifestiert sich durch Verzicht auf Überprüfungen sowie Sachlichkeit und politischer Korrektheit gegenüber (korrupten) Regierungen. Martin Armstrong hat diese Entwicklung sehr deutlich und mit viel Emotion in seinem Artikel vom 22.August zum Ausdruck gebracht: https://www.armstrongeconomics.com/history/americas-economic-history/the-collapse-of-american-free-press-its-just-over/ Er bezieht sich zwar nur auf Amerika, aber das gilt analog für Europa. Nixon wurde duch die Presse zum Rücktritt… Read more »

dragaoNordestino
7 Jahre her

Die schreiben dann alle dasselbe. Aber die Leute wollen das nicht mehr lesen. Das ist der eigentliche Grund für die derzeitige Krise des Journalismus. Er ist zum Staatsjournalismus geworden“, schreibt der Journalist Roland Tichy. Interessante Feststellung…. nur stimmt dies auch.? Die Ansicht, dass der Journalismus in deutschsprachigen Regionen erst heut zu tage zum Staatsjournalismus geworden ist.? Offensichtlich nicht, wenn man dem Blog „www.derwaechter.net“ glauben schenken möchte. dieser schreibt zum allmächtigen Springerverlag: zitiere in den Tagen nach 1945, wird ein junger Mann bei der alliierten Hamburger Militärregierung vorstellig, beantragt die Erteilung einer Zeitungslizenz und erschafft damit in den darauffolgenden Jahren, faktisch… Read more »

Karl Bernhard Möllmann
7 Jahre her

. . . ZITAT @ DragaoNordestino: „Vielmehr war es der amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA, der in den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg auf den jungen Springer aufmerksam wurde und dessen Verlag mit 7 Millionen US-Dollar Startkapital ausstattet.“ . Und diese zentrale „Intelligenz-Agentur“ mit Namen CIA wurde auch von 1.600 deutschen NAZI’s mitgestaltet – die parallel zu den Nürnberger (Schau-) Prozessen – in der Nacht- und Nebel-Aktion „OPERATION PAPERCLIP“ heimlich in die USA geschmuggelt wurden . . . . https://www.youtube.com/watch?v=mPxGA11hcMU . http://www.watchdocumentary.tv/operation-paperclip-cia-nazis/ . Daß in Wahrheit die CIA Deutschland regiert, das hat als erster Dr. Udo Ulfkotte (28 Jahre FAZ-Redakteur) der staunenden… Read more »

Karl Bernhard Möllmann
Reply to  Karl Bernhard Möllmann
7 Jahre her

. . .
Noch Fragen?

dragaoNordestino
7 Jahre her

@KBM

Das Problem des Journalismus heut zu tage ist eben, dass in allen Ländern, in denen die USA seit 9/11 militärisch interveniert hat, die Resultate sich als katastrophal erweisen: Hunderttausende von Toten und Staaten, die in den Kämpfen bewaffneter Banden zerfallen. Das Projekt «New Middle East» von Bush, Rumsfeld, Cheney und Rice hat sich als Albtraum entpuppt, und kann auch beim besten Willen und der Imperialen Deutungshoheit nicht mehr glaubwürdig vermarktet werden.

Karl Bernhard Möllmann
Reply to  dragaoNordestino
7 Jahre her

. . .
Also ist der Begriff „LÜGEN-PRESSE“ doch ein Volltreffer . . . !

C.M
C.M
7 Jahre her

Da man in dieser Branche schwer arbeitet und sich daher fürstlich belohnen läßt will man auch bei den Pensionen nicht verzichten:

http://www.mmnews.de/index.php/politik/83663-mdr-intendantin-17000-euro-rente

Nun wäre noch interessant wie viele im Staatsjournalismus schon diese Pension beziehen und wie viele sie erwarten!!!!

Klar, das da GEZ erhöht werden muss. Dringlichst!!!! Denn der Krug geht solange zum Wasser bis er bricht! Ironie Ende!!!!

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