Die Weltmacht USA muss sich schämen

Der Glanz der moralischen Überlegenheit der USA als Weltmacht entpuppt sich als Fassade: Die rassistischen Morde zeigen ein vom Neo-Feudalismus beherrschtes Land.

In den USA bricht der tief in der Geschichte des Landes wurzelnde Rassismus wieder auf. Videos zeigen, wie weiße Polizisten aus nächster Nähe offensichtlich wehrlose Farbige hinrichten. Bei einer Demonstration in Dallas gegen Polizeigewalt tötet ein Afroamerikaner aus dem Hinterhalt vier weiße Polizisten. Er habe ganz gezielt weiße Polizisten erschießen wollen, sagte er, bevor ihn die Polizei in einem Parkhaus mit Hilfe eines Roboters in die Luft sprengte.

Ihr und ich wisst, was zu tun ist, und ich meine nicht das Marschieren und viel Lärm machen oder an Versammlungen teilnehmen“, rief der Ideologe der African American Defense League, Mauricelm-Lei Millere, seinen Anhängern zu. Und dann sprach er von „Schweineblut“, das in Louisiana vergossen werden solle. Er darf sich sicher sein, dass der Ku-Klux-Klan seine Botschaft vernommen hat.

Aufstiegs-Märchen

So erlebt die Weltmacht USA einen Rückfall in gesellschaftliche und zivilisatorische Zustände, wie sie vornehmlich in den unterentwickelten und despotischen Ländern Afrikas herrschen. Mit den Bildern der hemmungslosen Gewalt in der Mitte der Gesellschaft fällt die Maske der moralischen Überlegenheit, mit der die USA so gern in der Welt auftreten. Sichtbar wird ein Land voller rassistischem Hass, Gewalt, Kriminalität, Ausgrenzung und vor allem von ungeahnter sozialer Not und sozialer Missstände. Es ist ein durch und durch krankes Land, das sich anmaßt, die Welt regieren zu wollen und dabei nicht davor zurückschreckt, andere notfalls mit Panzern und Bomben und Millionen unschuldiger Opfer auf den „rechten Weg“ führen zu wollen.

Von außen werden die USA noch immer als Land betrachtet, in dem es jeder zu etwas bringen kann. Als jüngste Beispiele dieses Märchens vom Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“ gelten heute etwa Apple-Gründer Steve Jobs, der frühere Microsoft-Chef Bill Gates oder Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Doch sie taugen nur bedingt als Beispiele, denn mit Ausnahme von Jobs stammen Gates und Zuckerberg bereits aus wohlhabenden Familien. Wer aber in den USA arm zur Welt kommt, der wird auch mit allergrößter Wahrscheinlichkeit sein gesamtes Leben in relativer Armut verbringen und arm sterben.

Ihren Wohlstandshöhepunkt erlebte die US-Gesellschaft Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Schon seit Mitte der siebziger Jahre sank das Realeinkommen der US-Arbeitnehmer, sprich das erwirtschaftete Bruttoinlandsprodukt verteilte sich immer weiter zu Ungunsten der breiten Masse der arbeitenden Bevölkerung. Wie in keinem anderen Land kompensierten die US-Bürger diese Wohlstandsverluste mit Krediten, also mit Schulden. Im Jahr 2007 brach die US-Schuldenwirtschaft zusammen und löste eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise aus, unter deren Folgen die gesamte westliche Welt bis heute leidet.

Neo-Feudalismus

Gesellschaftlich haben sich die USA zu einem neo-feudalistischen Land entwickelt. Es wird von Gruppe schwerreicher Familien gelenkt. Und die wiederum ordnen die Interessen der Politik allein dem Interesse ihrer Vermögen unter.

Im Augst 2007, unmittelbar nach dem Ausbruch der Subprimekrise, konstatierte der frühere US-Vizpräsident Al Gore, die USA würden „von einer quasi-feudalistischen Gruppe beherrscht, die sich demokratischer Kontrolle entzieht“[1]. Wörtlich sagte er:

„Diese Interessengruppe steuerte beträchtliche Mittel zum Aufbau eines weit reichenden Netzwerks bei, dem mittlerweile nicht nur Stiftungen und Denkfabriken angehören, sondern auch Political Action Committees (Lobbyorganisationen), Medienkonzerne sowie spezielle Gruppen, die durch gezielte Aktionen auf lokaler Ebene jederzeit eine beliebige Volksmeinung vorgaukeln können und damit jeden vernünftigen Denkprozess unterbinden, der den wirtschaftliche Interessen ihrer Auftraggeber zuwiderläuft.“

Angeführt wird die Riehe der reichste Amerikaner von Bill Gates. Ihm folgen Warren Buffett und Larry Ellison (Oracle) bis hin zu George Soros. Wikipedia listet sie alle auf[2].

Verteilungskämpfe der Armen

Ihnen gegenüber steht ein wachsendes Heer Bedürftiger. Über 40 Millionen Amerikaner sind seit der Weltfinanzkrise zum Überleben auf Essensmarken angewiesen. Die Mittelschicht bricht weg, immer mehr Familien fallen heraus und werden im täglichen Kampf ums Überleben zu Konkurrenten derjenigen, die schon längst jede Perspektive auf ein Leben in Normalität und Legalität aufgegeben haben: die sozial Abgehängten, unter denen sich überproportional viele Farbige und Hispanics befinden. Sie leben entweder auf der Straße oder in Slums, sind in der Regel ungebildet und kennen nur einen Karriere-Weg: den in die Kriminalität.

Wo es keine Bildung und damit keine Chance auf gesellschaftlichen Aufstieg gibt, entsteht der gesellschaftliche Nährboden für Ressentiments und Rassismus. Sie werden zu den bestimmenden Motiven eines erbärmlichen Verteilungskampfes der Armen, während sich die Reichen hinter Mauern und Stacheldraht verbarrikadieren. Das ist Amerika heute. Ein Land, das anderen nicht zu sagen hat, wie sie leben sollen, weil es sich – wie viele anderre auch – für seinen inneren Zustand schämen muss.

 

Anmerkungen

[1] http://www.deutschlandfunk.de/feudalismus-in-den-usa.730.de.html?dram:article_id=102908

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_reichsten_US-Amerikaner

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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