US-Aufmarsch in Osteuropa

Die USA entsenden eine ganze Panzerbrigade an die russische Grenze. Die Kriegsgefahr ist zurück in Europa. Die Politik sucht ihr Heil offenbar in der Zerstörung.

Im Februar hatten die Nato-Verteidigungsminister in Brüssel beschlossen, mehr Truppen nach Osteuropa zu entsenden sowie die Möglichkeiten zur schnellen Verstärkung auszubauen. Als Grund nannten sie die Bedrohung osteuropäischer Länder durch Russland. Wann es zu der angekündigten Verstärkung kommen sollte, ließen die Minister im Februar noch offen.

Seit gestern ist klar: Im kommenden Jahr verlegen die USA eine ganze Panzerbrigade an die russische Grenze, teilte das Pentagon mit. Zu der Brigade gehören 250 Panzer und 4200 Soldaten außerdem Haubitzen, Kampffahrzeuge und weitere 1700 zusätzliche Fahrzeuge. Das ist weitaus mehr, als die Nato noch im Februar andeutet hatte. Seine Eile erklärt das US-Verteidigungsministerium mit den Bitten russischer Nachbarn. Vor allem die baltischen Staaten und Polen, außerdem Rumänien und Bulgarien seien besorgt über den „aggressiven“ Kurs Russlands.

Neue Feindbilder

In Kombination mit den bereits stationierten Einheiten erreichten die USA damit eine veritable Schlagkraft, sagte der Oberbefehlshaber der US-Armee in Europa, Generalleutnant Frederick B. Hodges, dem Wall Street Journal[1]. Wörtlich sagte er: „Wenn es hart auf hart kommt, werden wir in der Lage sein, zusammen als geschlossene Einheit zu kämpfen. Das ist viel besser als das, was wir jetzt haben.“ Und mit Blick auf die strategischen Pläne der USA in den an Russland angrenzenden osteuropäischen Länder fügte er hinzu: „Wir werden in jedem dieser Länder US-Soldaten und Ausrüstung haben.“ So erreichten die USA und die Nato ein hohes Maß an Abschreckung. Es sei notwendig, Kampfbereitschaft und Kampffähigkeit zu zeigen.

Nicht nur die „Abschreckungs“-Rhetorik klingt, als sei der Kalte Krieg zurück in Europa. Es wird auch nachhaltig an neuen Feindbildern gearbeitet. Bereits im Februar sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, eine erhöhte militärische Präsenz in den an Russland angrenzenden Staaten sende „das Signal aus, dass die Nato entschlossen ist, auf jede Aggression gegen einen unserer Alliierten zu reagieren“.

All das geschieht, obwohl die Nato den Russen im Jahr 1997 zugesichert hatte, ihre Truppenpräsenz in Osteuropa deutlich zu begrenzen und schon gar nicht bis an russische Grenze auszudehnen. Davon aber wollen die USA, die Nato und die Europäische Union heute nichts mehr wissen. Russland gilt als Aggressor, seit Moskau militärisch in den Ukraine-Konflikt eingriff. Gegenargumente werden ausgeblendet. So spricht im Zusammenhang mit der Aufrüstung im Osten niemand darüber, wie denn der Ukraine-Konflikt überhaupt erst entstand.

Spirale der Angst

Stattdessen schüren Stimmen wie die von Estlands Nato-Botschafter Lauri Lepik neue Angst: „Wir glauben wegen unserer spezifischen geografischen Lage, dass wir mehr militärische Vornepräsenz, also mehr Nato-Soldaten in unserem Land, benötigen, die dann dort auf Verstärkung der Schnellen Eingreiftruppe warten. Dies ist ein wichtiges Element von Rückversicherung und Abschreckung.“

Ohne Zweifel entsteht so nach über zwei Jahrzehnten wieder eine militärische Konfrontation, die leicht außer Kontrolle geraten könnte. Wie gefährlich das Treiben an der russischen Grenze ist, bestätigt indirekt sogar US-Geheimdienstkoordinator James Clapper. Es drohe eine „Spirale, die mit dem Kalten Krieg vergleichbar ist“, sagte er.

So schaffen die USA einen Krisenherd nach dem anderen. Sie stürzten den gesamten Nahen Osten in ein blutiges Chaos, in dessen Folge nun Europa von einer destabilisierenden Flüchtlingskrise heimgesucht wird. Panzer, Jagdbomber und Tausende Soldaten an der russischen Grenze tun das Ihrige. Die Politik sucht ihr Heil offenbar in der Zerstörung.

Anmerkung

[1] http://www.wsj.com/articles/pentagon-readies-more-robust-u-s-military-presence-in-eastern-europe-1459324801

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Über Thomas Castorp

Thomas (Hans) Castorp blickt vom Zauberberg herab auf die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Fragenstellungen. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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