Wagenknecht warnt vor großem Krieg

Die Regierung stürze Deutschland in einen Konflikt mit dem Potenzial zum dritten Weltkrieg. Die Aufnahme Montenegros schüre die Nato neue Spannungen mit Russland.

Mit dramatischen Worten hat die Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht vor einem deutschen Kriegs eintritt in Syrien gewarnt. „Deutschland tritt in einen wirklich großen Krieg mit wirklich großem Eskalationspotenzial ein“, sagte Wagenknecht. Es sei der „pure Wahnwitz“ sich an dem französischen Kriegszug zu beteiligen, ohne dass die Syrien-Konferenz in Wien zu einer gemeinsamen Linie geführt habe. Sie sprach von einem „irrationaler Krieg“, der zudem durch anachronistische Rhetorik und dem erlittenen „Blutzoll“ gerechtfertigt werde.

„Wenn wir in Syrien auch noch gegen Russland agieren, hat der Konflikt das Potenzial zum dritten Weltkrieg“, sagte sie und kritisierte zugleich die Ankündigung der Nato scharf, Montenegro in das Militärbündnis aufzunehmen. „Ohne Sinn und Verstand“ erzeuge die Nato „neue Spannungen im Verhältnis zu Russland“, sagte die Linken-Politikerin. Schließlich habe Russland überdeutlich gemacht, dass jede weitere Nato-Expansion als feindlicher Akt verstanden werde. „Die Entscheidung spielt jenen Kräften in die Hände, die einen Erfolg der Wiener Gespräche und eine Friedenslösung für Syrien hintertreiben wollen, was letztlich nur den IS stärkt. Das ist in dieser Situation geradezu gemeingefährlich,“ sagte Wagenknecht.

In dieser Woche hatte die Bundesregierung beschlossen, die Bundeswehr an der Seite der französischen Armee im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) einzusetzen. Voraussichtlich ab Januar sollen 1200 deutsche Soldaten sowie Aufklärungs- und Tankflugzeuge und eine Fregatte an dem Waffengang teilnehmen. Damit wäre es der größte Kriegseinsatz der Bundeswehr seit Afghanistan. Neben der Linkspartei haben auch die Grünen Bedenken gegen eine Beteiligung der Bundeswehr. Am Wochenende hatte der Bundesparteitag der AfD eine scharfe Resolution gegen eine deutsche Kriegsbeteiligung in Syrien verabschiedet.

Mögliche Verfassungsklage der Linken 

Wagenknecht sagte, ihr sei auch der Entscheidungsprozess der Bundesregierung nicht klar. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel habe ihr Haltung zum Syrien-Einsatz in nur einem einzigen Gespräch mit Frankreichs Präsident Francois Hollande „um 180 Grad gedreht“. „In ihrer Bundestagsrede zuvor hatte sie noch kein Wort zu einem deutschen Kriegseintritt gesagt“, so Wagenknecht. Bis zum Zusammentreffen mit Hollande sei die deutsche Haltung klar gewesen: Keine weiteren Einsätze über Mali hinaus. „Ich weiß nicht, was die Amerikaner oder Hollande der Kanzlerin gesagt haben, dass uns nun in den Syrien-Krieg führt“, sagte Wagenknecht.

Sie kündigte eine mögliche Verfassungsklage der Linken gegen den deutschen Kriegseinsatz an. Es gebe kein UN-Mandat für Militärschläge, somit sei der Bundeswehreinsatz sei rechtlich fragwürdig. Ein Völkerrechtler sei bereits damit beauftragt worden, die juristischen Aspekte zu prüfen. „Frankreich ist nicht von außen angegriffen worden, sondern von belgischen und französischen Staatsbürgern“, sagte die Fraktionsvorsitzende. Durch einen Kriegseinsatz werde der IS zu einem „richtigen Staat geadelt“. Außerdem erhöhe sich die Gefahr von Terroranschlägen in Deutschland dramatisch. Die Bundesregierung stützt sich bei ihrer Entscheidung auf die UN-Resolution 2249 sowie das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta.

IS-Geldfluss trockenlegen

Statt in den Krieg zu ziehen, müsse die Bundesregierung ihre Politik radikal ändern. Vorrangig sei es, die Geldflüsse des IS zum Versiegen zu bringen, seine Nachschubwege zu schließen und den Verkauf von Öl über die türkische Grenze zu stoppen. Nach wie vor sei die türkische Grenze offen für das Einsickern neuer Kämpfer, für Waffenschmuggler und den Öl-Handel des IS. „Der westlichen Gemeinschaft sind die Wege der Waffen und des Geldes bekannt. Es ist allein eine Frage des politischen Willens, diese Wege zu schließen“, sagte Wagenknecht. „Aber offenbar ist bei den Gesprächen, die Kanzlerin Angela Merkel mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen der Flüchtlinge geführt hat, gar nicht gesprochen worden. Ich frage mich: Warum nicht?“

Völlig unverständlich sei ihr der deutsche Marschbefehl angesichts der Tatsache, dass es nicht einmal Klarheit über die Kriegsziele und über den Umgang mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad gebe. „Die USA wollen Assad beseitigen, weil er ihnen machtpolitisch nicht mehr in den Kram passt“, sagte die Linken-Politikerin. „Wir stellen die Hybris des Westens infrage, der selbstherrlich entscheidet, wer ein guter und wer ein schlechter Diktator ist.“ Das bedeute, der Westen müsse mit Assad über eine Übergangslösung reden.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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