Aus Flüchtlingen mache Aufbauhelfer

Auf die Idee kam noch keiner:  Die AfD schlägt vor, Flüchtlinge in wenigen Monaten zu Entwicklungshelfern auszubilden, die dann in ihren Herkunftsländern Aufbauarbeit leisten.

Angesichts von über 800.000 Flüchtlingen in diesem Jahr denken die einen, wie etwa Innenminister Thomas de Maizière, über neue Asylgesetze und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen nach. Andere, wie der AfD-Europa-Abgeordente und nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Marcus Pretzell, empfehlen „Hilfe zur Selbsthilfe“. Der eine argumentiert sicherheitspolitisch, der andere gibt vor, aus der Not eine Tugend machen zu wollen.

Wie das gehen soll? Pretzell kam die Idee, all jene Flüchtlinge, die nicht aus Bürgerkriegs- oder Kriegsgebieten nach Deutschland kommen, zu Entwicklungshelfern auszubilden und sie so in die Lage zu versetzen, in ihren jeweiligen Heimatstaaten die notwendige Aufbauarbeit zu leisten. „Wir müssen unserer sozialen Verantwortung gegenüber Flüchtlingen durch aktives Handeln gerecht werden, indem wir ihnen sachgerechte Hilfe zur Selbsthilfe anbieten“, sagt er.

„Bundespolitisches Versagen“

Wie de Maizière findet auch Pretzell die aktuelle Flüchtlingssituation „untragbar“. Doch während de Maizière den anderen europäischen Staaten vorwirft, sich nicht an Recht und Gesetz zu halten, spricht Pretzell von „bundespolitischem Versagen“. Dadurch seien die Kommunen in personeller als auch finanzieller Sicht mit den Flüchtlingen überlastet und überfordert.

Doch das sei eben nur die eine Seite des Problems. Die andere stellt Pretzell in einer rhetorischen Frage dar: „Können wir es verantworten, Flüchtlinge ohne persönliche Perspektive zu lassen? Oder sind wir aufgerufen, diesen Menschen eine wirklich helfende Hand zu reichen?“

Wer wollte ihm da widersprechen? Unzählige Bürger engagieren sich in der Flüchtlingshilfe. Doch Pretzell hat konkretere Vorstellungen als die schlichte Verwaltung eines Problems. „Es wäre sinnvoll, wenn Flüchtlinge zu Entwicklungshelfern ausgebildet würden, um sie in die Lage zu versetzen, in ihren jeweiligen Heimatstaaten die notwendige Aufbauarbeit zu leisten“, sagt er.

Gut für die Wirtschaft

Für die Ausbildung veranschlagt er rund sechs Monate. Spätestens dann ginge es für die Ausgebildeten zurück in die Herkunftsländer. Im Grunde könnten sie aber auch schon früher wieder abreisen, sagt er, denn die Ausbildung „muss nicht notwendigerweise in Deutschland stattfinden“, sondern könne im Rahmen der Entwicklungshilfeabkommen in entsprechenden Einrichtungen in den Herkunftsländern ausgeführt werden. Dazu müssten in den Herkunftsländern und ihren Nachbarstaaten Anlaufstellen eingerichtet werden, damit die Flüchtlinge gar nicht erst nach Deutschland kämen. Von dort würde dann vor Ort die Ausbildung organisiert. „Nur so ist gewährleistet, dass bei dieser Ausbildung auf die individuellen Gegebenheiten und Erfordernisse eines jeden Landes spezifisch eingegangen werden kann“, sagt der AfD-Politiker.

Im Übrigen sei das wohl auch für die deutsche Wirtschaft von Interesse. Er jedenfalls könne sich Unterstützung dieser Maßnahme auch insofern vorstellen, dass deutsche Unternehmen dann wieder verstärkt in diesen Ländern investierten, weil sie darauf vertrauen könnten, vor Ort gut ausgebildete Mitarbeiter vorzufinden.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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