Der Preis der Flüchtlingspolitik

Eine großzügige Flüchtlingspolitik kostet Geld, das der Staat an anderer Stelle einsparen muss, etwa bei den Renten. Warum denkt die Politik nicht über Alternativen nach?

Über die Abschiebung von Ausländern wird in Deutschland mit viel Emotion und nur selten auf der Basis von Fakten diskutiert. Beispielsweise hört und liest man kaum etwas über die Kosten, die dem Staat in diesem Zusammenhang entstehen. Es ist deshalb hoch anzuerkennen, dass vor kurzem ein Landesrechnungshof, nämlich der Rechnungshof von Berlin, sich an diese Thematik herangewagt und einige interessante Zahlen vorgelegt hat.

Bei der Abschiebung handelt es sich um eine Zwangsmaßnahme, durch welche der unrechtmäßige Aufenthalt eines Ausländers beendet wird. Wenn ein Ausländer nicht freiwillig ausreist, kann Abschiebungshaft zur Sicherung und Vorbereitung der Abschiebung richterlich angeordnet werden. Die Haft ist Sache der Länder, die eigentliche Rückführung – meist per Flugzeug – erfolgt dann durch die Bundespolizei.

Trennung von Strafgefangenen

Durchgeführt wird Abschiebungshaft teilweise in eigenen Abschiebehaftanstalten, teilweise aber auch in Gefängnissen oder im Gewahrsam der Polizei. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof im Jahr 2014 entschieden, dass eine Unterbringung von Abschiebungshäftlingen in Gefängnissen grundsätzlich rechtswidrig ist. Abschiebungshäftlinge müssten getrennt von Strafgefangenen untergebracht werden.

Im Land Berlin obliegt die Durchführung der Abschiebungshaft dem Polizeipräsidenten. Er unterhält zu diesem Zweck eine eigene Einrichtung, ein umgebautes ehemaliges Gefängnis. Neben den Angestellten des Wachdienstes und der Verwaltung wird dort medizinisches und sozialpädagogisches Personal eingesetzt.

Die Belegung der Berliner Einrichtung hat sich von insgesamt 1.380 Häftlingen im Jahr 2007 auf 327 Häftlinge im Jahr 2012 stark verringert. Dies entspricht der Entwicklung im ganzen Bundesgebiet, es wird immer weniger abgeschoben. Als Gründe hierfür wurden u. a. genannt, dass es durch Veränderungen im EU-Recht und höchstrichterliche Rechtsprechung schwerer geworden sei, Haftanträge zu stellen.

Besonderer Status

Das Personal der Berliner Einrichtung dagegen ging von 215 im Jahr 2007 lediglich auf 181 Beschäftigte im Jahr 2012 zurück. Damit stieg die auf jeden Abschiebungshäftling entfallende Zahl der Bediensteten an. Der Rechnungshof von Berlin hat Vergleichszahlen aus dem geschlossenen Justizvollzug zusammengestellt. Dort liegt das Verhältnis zwischen Bediensteten und Strafgefangenen mit rund 0,5 weit unter den Relationen in der Abschiebeeinrichtung.

Und dies, obwohl im Strafvollzug die gesetzlich geforderte Resozialisierung und die Verpflichtung zu Bildung und Qualifizierung der Inhaftierten eine höhere Betreuung erfordert sowie die Anforderungen an die Sicherheit höher sind. Im offenen Strafvollzug liegt die Zahl sogar nur bei 0,2. Der Rechnungshof hat für das Jahr 2012 Ausgaben je Abschiebungshäftling und Tag von 1.821 Euro ausgerechnet. Der Tageskostensatz im Berliner Strafvollzug beträgt dagegen lediglich 111 Euro.

Die vom Rechnungshof kritisierte Berliner Innenverwaltung hat sich damit verteidigt, dass wegen des besonderen Status’ der Abschiebungshäftlinge höhere Standards als in einer Justizvollzugsanstalt vorgeschrieben seien. Hierdurch bestehe ein höherer Bewachungs- und Raumbedarf. Durch ein dichtes Netzwerk von unabhängigen Institutionen würden die Einhaltung der Bestimmungen und die konkrete Unterbringungssituation der Abschiebungshäftlinge ständig kontrolliert. Die Zahlen für die Abschiebungshaft und für den Justizvollzug seien daher nicht vergleichbar.

Private Sicherheitsdienste?

Die Feststellungen des Berliner Rechnungshofs belegen einmal mehr, wie gering das Kostenbewusstsein im öffentlichen Bereich ist. Natürlich hätte die Berliner Innenverwaltung frühzeitig reagieren und bei einem anhaltenden Rückgang der Häftlingszahlen das Personal reduzieren und an anderer Stelle einsetzen müssen.

Natürlich hätte man bei sinkenden Häftlingszahlen mit anderen Bundesländern kooperieren müssen, die ja vor ähnlichen Problemen stehen. Natürlich hätte man die Kosten dadurch senken können, dass man private Sicherheitsdienste mit der Bewachung der Häftlinge betraut hätte, wie es andere Bundesländer bereits praktizieren. All dies ist nicht geschehen.

Im Ergebnis zeigt sich immer wieder, dass staatliche Stellen auf steigende Anforderungen schnell reagieren, wenn sie in der politischen Diskussion nachdrücklich eingefordert werden. Sinken hingegen die Anforderungen, passiert gewöhnlich nicht viel. Die Verantwortlichen sehen sich nicht veranlasst, die Kostensenkungspotentiale auszuschöpfen, und das Personal will da bleiben, wo es ist.

Flugzeug gechartert

Nicht nachvollziehbar ist, dass Berlin höhere Standards für Abschiebungshäftlinge als für Häftlinge im Strafvollzug für erforderlich hält. Sind der Stadt die Abschiebungshäftlinge so wichtig und weshalb? Überdies kommen zu den Kosten der Abschiebehaft bei einer Gesamtbetrachtung ja noch die Kosten der Rückführung hinzu, welche ja ebenfalls von uns Steuerzahlern zu tragen sind. Es sind schon Fälle bekannt geworden, wo ein Flugzeug gechartert wurde, um einen einzigen Abzuschiebenden, begleitet von Bundespolizisten, Verwaltungsmitarbeitern und ärztlichem Personal, in sein weit entferntes Heimatland zurückzubringen!

Man kann ja zu Abschiebungen und ähnlich emotional aufgeladenen Fragen stehen wie man will, aber die Kostenseite all dieser Maßnahmen sollte in der Diskussion nicht ausgeblendet werden. Was viele politisch engagierte Menschen nicht wahrhaben oder nicht wahrhaben wollen: Man kann die Steuergelder nur einmal ausgeben.

Entscheidet man sich zum Beispiel für eine großzügige Flüchtlingspolitik oder für die finanzielle Unterstützung notleidender Nachbarstaaten, unterbleibt zwangsläufig die eine oder andere Infrastrukturmaßnahme, oder eine Rentenerhöhung, oder – woran die Politik wahrscheinlich als letztes denkt – eine Steuersenkung! Es wäre so schön, wenn die Politik viel stärker an Alternativen und deren Kosten denken würde. Dies wünscht sich sehnlichst

Ihr

Gotthilf Steuerzahler

 

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Über Claus Vogt

Claus Vogt ist Chefredakteur des Börsenbriefs „Krisensicher Investieren“. Zusammen mit Roland Leuschel schrieb er die Bücher „Das Greenspan-Dossier“, „Die Inflationsfalle“, „Bitcoin & Co. - Finte“ oder „Neugestaltung des Geldsystems?“. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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