Luckes schwuler AfD-General

Mit ihnen will Bernd Lucke die AfD führen: Generalsekretär soll der homosexueller Deutschtürke André Yorulmaz werden, stellvertretende Vorsitzende Ulrike Trebesius.

Mit einer von ihm ausgewählten Führungsmannschaft will sich AfD-Chef Bernd Lucke auf dem Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Essen nicht nur die Macht für weitere zwei Jahre sichern, sondern auch das Außenbild der AfD nachhaltig verändern. Seit ihrer Gründung schlägt sich die Partei nämlich mit dem Vorurteil herum, sie sei homophob und anti-islamisch.

Solcher Kritik sucht Lucke nun mit seinem Kandidaten für das Amt des Generalsekretärs den Nährboden entziehen. Seine Wahl fiel auf den nordrhein-westfälischen Vorsitzenden des Kreisverbandes Recklinghausen, André Yorulmaz, einem bekennenden homosexuellen Deutschtürken. „Er ist ein Mann, der Brücken bauen kann“, sagte Lucke. Als Kandidatin Für den stellvertretenden Parteivorsitz stellte Lucke in Berlin die Europa-Abgeordnete und schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ulrike Trebesius vor.

„Es gibt Ehrenmorde“

Auf dem Mitglieder Parteitag am Wochenende in Essen entscheidet sich die Zukunft der AfD. Dort bewerben sich die verfeindeten Lager um Lucke und seine Kontrahentin Frauke Petry um die Führung der Partei. Sowohl Luke als auch Petry hatten zuletzt wiederholt eine weitere Zusammenarbeit ausgeschlossen.

Folglich stehen in Essen zwei Führungsmannschaften zur Wahl. Zum engen Kreis um Petry zählen etwa AfD-Vize Alexander Gauland, der Europa-Abgeordnete und nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Marcus Pretzell und die Europa-Abgeordnete Beatrix von Storch.

Er habe einen türkischen Vater und eine deutsche Mutter, sagte Yorulmaz in Berlin auf einer gemeinsamen Veranstaltung mit Lucke und Trebsius. „Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen, die mich christlich erzogen hat“, sagte Yorulmaz. Heute lebe er in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung.

Da er immer auch ein gutes Verhältnis zu seinem Vater gehabt habe, fühle er sich auch in der türkischen Kultur zu Hause. „Ich habe es Miteinander in der traditionellen türkischen Großfamilie schätzen gelernt“, sagte er. Aus seinem persönlichen Erleben wisse er aber auch um die negativen Seiten in der türkisch-muslimischen Bevölkerung in Deutschland. „Es gibt eine Parallelgesellschaft, und es gibt dort Zwangsehen“, sagte Yorulmaz. „Ich habe persönlich miterlebt, wie ihre Ehrenmorde angedroht wurden. Umso mehr hab ich mich gefreut, dass es mit der AfD eine Partei gibt, die es wagt, diese Themen anzusprechen.“

Aufstieg unter Pretzell

Im Sommer des Jahres 2013 sei erstmals auf die AfD aufmerksam geworden. Allerdings sei seine erste Begegnung mit der Partei auch eine Begegnung mit den bekannten Vorurteilen gewesen. Er sei aufgrund seiner Herkunft wohl nicht der Richtige für die AfD, habe ein Mitglied gesagt. Andere hingegen hatten gewesen wiederzukommen. Das habe ihn ermutigt, im Januar 2014 Mitglied der AfD zu werden. „Die AfD ist keine anti-islamische Partei. Nur eine kleine Minderheit der Mitglieder äußert sich so“, sagte Yorulmaz. Schon bald wählte die AfD ihn zum Kreisvorsitzenden in Recklinghausen, und unter dem nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Pretzell stieg Yorulmaz zum fachpolitischen Sprecher für Verbraucherschutz auf.

Inzwischen herrsche jedoch Eiszeit zwischen ihm und Pretzell, weil er in den von Lucke gegründeten Verein „Weckruf“ eingetreten sei . Im Weckruf sammelt Lucke Getreue um sich, die letztlich auf dem Parteitag auch den Machterhalt sichern sollen. Derzeit hätten sich etwa 4400 AfD-Mitglieder dem Weckruf angeschlossen, sagte Lucke. Ulrike Trebesius ist Vorsitzende des Vereins. Geht es nach Lucke, soll sie in der künftigen Parteiführung für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zuständig sein. Lucke selber würde sich um Finanz- und Wirtschaftspolitik kümmern, Yorulmaz ordnet er etwa die Themen Familie und Islam zu.

In jüngster Zeit tauchten im Internet immer wieder Meldungen auf, wonach der „Weckruf“ über hinreichende finanzielle Mittel verfüge, sich an den Kosten seiner Mitglieder für die Teilnahme am Bundesparteitag zu beteiligen. Lucke selbst teilte mit, dass er eine Großspende aus der Unternehmerschaft für den Parteitag erhalten habe. Spender ist der Kölner Unternehmer Klaus Nordmann, der sich im Mittelstandsforum der AfD engagiert, dessen Vize Hermann Schreier wiederum seine Kandidatur für einen AfD-Vorstandsposten angekündigt hat. Nordmann bestätigte gegenüber „Spiegel Online“, 49.999,99 Euro gespendet zu haben und sagte: „Ich bin ein Unterstützer des wirtschaftspolitischen Kurses von Professor Lucke.“

Kein Blankoscheck für Lucke

Gleichwohl möchten sich nicht alle im Mittelstandsforum für die politischen Zwecke des „Weckrufes“ instrumentalisieren lassen. So wurde nun eine Mail von Lucke an den zweiten stellvertretenden Vorsitzenden des Mittelstandsforums, Hansjörg Müller, bekannt. Darin schrieb Lucke: „Sie hatten mir immer versichert, dass Sie loyal mit mir zusammenarbeiten wollten. In letzter Zeit häufen sich bei mir Berichte, die sicherlich falsch sind, aber doch leider den gegenteiligen Eindruck vermitteln. Kann ich mich auf Ihre Loyalität nach wie vor und auch nach meiner Wiederwahl weiterhin hundertprozentig verlassen?“

Müller antwortete, seine Loyalität gelte „den Zielen und Grundsätzen der AfD und damit auch den Führungskräften, die sich dafür einsetzen“. Wörtlich heißt es in eine Mail von Müller: „Zusammengefasst verlangte Lucke von mir einen Loyalitäts-Blankoscheck für seine Person, ohne Bindung an irgendeinen Inhalt! Diesen Blankoscheck gab ich ihm nicht.“

Für den Parteitag in Essen haben sich bereits 4200 Mitglieder angemeldet. Nach eigenen Angaben rechnet die Partei mit Kosten von rund 300.000 Euro. Diese sollen durch die Nordmann-Spende, durch die nach Luckes „Geldbomben“-Aufruf von den Mitgliedern gespendeten rund 50.000 Euro und aus dem Haushalt der Partei aufgebracht werden.

 

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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