Tritt Wagenknecht Gysis Erbe an?

Will Gregor Gysi Fraktionschef der Linken bleiben? Sagt er am Sonntag ab, könnte Sahra Wagenknecht trotz ihres erst im März erklärten Verzichts doch bereitstehen.

Sag niemals nie. Das gilt auch in der Linkspartei. Dort gibt es wenige Tage vor dem Parteitag in Bielefeld Signale, dass die Linken-Ikone Sahra Wagenknecht möglicherweise doch für den Fraktionsvorsitz kandidieren könnte. Erst im März hatte sie angekündigt, dass sie für dieses Amt vorerst nicht zur Verfügung stehe.

Voraussetzung für eine Wagenknecht-Kandidatur sei allerdings, dass Amtsinhaber Gregor Gysi am Sonntag in Bielefeld seinen Rückzug ankündigt, heißt es. Als sie im März ihren Verzicht auf eine Kandidatur erklärte, soll sie fest davon ausgegangen sein, dass Gysi noch einmal antritt. Somit wäre ihre damalige Begründung, sie habe keine Mehrheit in der Fraktion, nur vorgeschoben gewesen.

„Man muss regieren wollen“

Seit Wochen macht Gysi ein großes Geheimnis darum, ob er im Herbst erneut für den Fraktionsvorsitz der Linken kandidieren will oder nicht. Er gibt Interviews, in denen er zwar lautstark für ein rot-rotes Regierungsbündnis im Bund wirbt, zu seiner eigenen politischen Zukunft aber schweigt er. „Man muss regieren wollen“, ließ er seine Partei wissen. „Wir kommen nicht über zehn Prozent hinaus, wenn wir sagen: Die Linke will ewig in der Opposition bleiben.“ Aber auf die Frage, ob er noch einmal für die Fraktionsvorstand kandidiere, sagte er: „Darüber denke ich nach. Wenn ich eine Entscheidung getroffen habe, informiere ich als erstes einen Parteitag, nicht die Medien.“

Am kommenden Sonntag ist es nun soweit. Um 14 Uhr tritt Gysi ans Rednerpult. Bis dahin werden die Linken zwar über Sozialpolitik debattieren, über prekäre Arbeitsverhältnisse und Altersarmut. Das heimliche Top-Thema aber ist zweifellos die Frage, ob künftig doch Sahra Wagenknecht zusammen mit Dietmar Bartsch die Fraktion führen wird.

Auch Gysi muss Doppelspitze akzeptieren

In der Partei heißt es, der Vorstand habe Gysi gebeten, im Herbst noch einmal anzutreten. Sollte er dem Wunsch folgen, müsste aber auch sich den Vorsitz mit einer Frau teilen. Bei den Spekulationen darüber, wer das sein könnte, fällt etwa der Name der Innenpolitikerin Martina Renner.

Sollte Gysi dem Parteivorstand absagen, gebe es aber auch Alternativen. Will heißen, auch ein Gysi ist nicht unersetzbar. Unter diesem Alternativen habe das Tandem aus der Linken Wagenknecht und dem Reformer Bartsch Priorität. Vorstellbar sei aber beispielsweise eine von Renner und dem Sicherheitspolitiker Jan van Aken geführte Fraktion.

Anmerkung

siehe auch: Günther Lachmann, „Das Dilemma der deuschen Linken„, GEOLITICO vom 23. März 2015

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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