Angst vor Killern aus Deutschland

Bremen, Dresden und Braunschweig zeigen: Sicherheitsbehörden rechnen jederzeit mit einem Anschlag salafistischer Terroristen. Und die Gefahr ist real.

Erst traf es Dresden, dann Braunschweig, am Wochenende nun Bremen. In Dresden verbot die Polizei Mitte Januar eine Pegida-Demonstration[1] und alle anderen für diesen Tag geplanten Kundgebungen. In Braunschweig wurde Mitte Februar kurzfristig der Karnevalsumzug abgesagt, weil, so die Sicherheitsbehörden, „eine konkrete Gefährdung durch einen Anschlag mit islamistischen Hintergrund“ vorliege. Am Samstag löste die Bremer Polizei Terroralarm aus, ließ schwer bewaffnete Beamte auf öffentlichen Plätzen patrouillieren und durchsuchte das Islamische Kulturzentrum (IKZ) sowie eine Wohnung in Bremen Nord. Zwei Verdächtige wurden vorübergehend festgenommen.

Am Sonntagmittag dann ging Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) an die Öffentlichkeit und erläuterte die Hintergründe der Polizeiaktion. Ausgelöst worden sei der Terroralarm durch den Verdacht auf ein Waffengeschäft. Es hätten Hinweise vorgelegen, wonach ein gewaltbereiter Libanese Maschinenpistolen beschafft hätte. Bei umfangreichen Durchsuchungen am Samstagabend seien aber keine Waffen gefunden worden, weshalb die Terrorgefahr nun wieder zurückgestuft werde. „Wir sind froh, dass wir keine Waffen gefunden haben“, sagte Mäurer, der nun davon ausgeht, dass der verdächtige 39-Jährige die Waffen weiterverkaufen wollte. Aber an wen?

Salafist im Hochsicherheitstrakt

Bremen ist ein kriminelles Pflaster. Dort regiert der berüchtigte libanesisch-kurdische Miri-Clan die Unterwelt. Sein „Geschäft“ sind Erpressung, Waffen- und Drogenhandel. Bremen ist aber auch eine Hochburg der Salafisten, von denen die meisten eine lange kriminelle Karriere hinter sich haben.[2] Allein 360 der bundesweit rund 7000 Salafisten leben in Bremen. Lange Zeit verbreiteten sie ihre Lehre im „Kultur- und Familienverein“ (KuF), den Innensenator Mäurer erst im Dezember 2014 verbot, obwohl schon 2011 zwei Gründungsmitglieder zu Haftstrafen verurteilt worden waren. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie für Terrororganisationen geworben hatten.

Der Bremer Kultur- und Familienverein ist inzwischen verboten © GEOLITICO

Der Bremer Kultur- und Familienverein ist inzwischen verboten © GEOLITICO

Einer von beiden wurde im vergangenen Dezember in den Hochsicherheitstrakt der Oldenburger Justizvollzugsanstalt verlegt, weil er aus der Haft heraus weiterhin enge Kontakte zum KuF unterhalten und mindestens zwei Mithäftlinge für den IS-Krieg in Syrien gewonnen haben soll. Nun ist das Islamische Kulturzentrum der alleinige Hort der Salafisten, an dem laut Verfassungsschutz vor allem „salafistische Referenten aus Saudi-Arabien“ vortragen. Für diese Szene, so fürchtete die Polizei, könnte der vermutete Waffendeal des Libanesen bestimmt gewesen. Darum löste sie Terroralarm aus.

Mit den Ereignissen von Dresden, Braunschweig und nun Bremen legt sich spürbar die Angst vor einem Anschlag radikal-islamischer Terroristen über das Land. Die Blutbäder in Paris und Kopenhagen haben gezeigt, wie real die Gefahr ist. Mitte Januar erst stellten Sicherheitskräfte im ostbelgischen Verviers in einer Wohnung mutmaßlicher Attentäter Kriegswaffen vom Typ Kalaschnikow AK47, Munition, Sprengstoff und Polizeiuniformen sicher.

Angst als Abwehrinstinkt

Noch blieb Deutschland verschont, aber niemand mag mehr ausschließen, dass die aus Deutschland nach Syrien in den Krieg gezogenen Dschihadisten als bewaffnete Killermaschinen zurückkehren und wie die Attentäter von Paris mit kaltblütiger Präzision töten. Allein aus Bremen sind nach Informationen der Sicherheitsdienste 19 Islamisten nach Syrien und in den Irak gereist. Zwei sind vor Ort getötet worden. Vier sind inzwischen zurückgekehrt. Was mögen sie vorhaben?

Inzwischen räumt auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ein, dass ein Anschlag in Deutschland „nicht total auszuschließen“ sei. Sicherheitskreise sagen es ganz unverblümt: „Spätestens seit der Waffenhilfe für die Kurden steht Deutschland auf der schwarzen Liste des Islamischen Staates (IS).“ Insofern ist die angespannte Vorsicht der Sicherheitsbehörden eine lebenswichtige Reaktion auf eine drohende Gefahr. Angst weckt die Abwehrinstinkte, sie schärft die Sinne. Das gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern für die gesamte Gesellschaft.

Salafisten-Propaganda im Internet

Salafisten-Propaganda im Internet

„Wir werden uns an Terrorlagen wie diese gewöhnen müssen, daran besteht kein Zweifel“, sagt Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Gleichzeitig warnt er: „Die Kräfte der Polizei sind erschöpft, schon jetzt.“ Nun räche sich die „dumme Sparpolitik“ vergangener Jahrzehnte. Deshalb müsse in vergleichbaren Situationen auch mit der Absage von Großereignissen gerechnet werden.

Allein das aber wäre schon ein Sieg des Terrors, denn auf diese Weise nehmen sie der demokratischen Gesellschaft ihre Freiheit. Das sieht auch Wendt so. Und weil dies so sei, müsse ihnen die Politik das Recht auf Information zugestehen und die Gründe erläutern. Mäurer hat es in Bremen getan.

 

Anmerkungen

[1] Siehe Konrad Kustos, „Wie Pegida dämonisiert wird“, GEOLITICO vom 25. Januar 2015

[2] Siehe Günther Lachmann, „Kriminelle werden zu Salafisten“, GEOLITICO vom 1. Dezember 2014

und Günther Lachmann, „Das salafistische Verbrechen“, GEOLITICO vom 13. November 2014

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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