Draghi will den Tod besiegen

Die Diktatur des Geldes schreitet voran: Mit der monetären Staatsfinanzierung will EZB-Chef Draghi das System am Leben erhalten. Doch der Patient wird sterben.

Heute ist ein großer Tag für die Börsen und alle Aktienbesitzer, und es ist ein schlechter Tag für viele Sparer und vor allem für die Demokratie. Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche schreibt eine Notenbank in Europa Geschichte. Leider keine positive oder besonders ruhmreiche. Ganz im Gegenteil.

EZB-Präsident Mario Draghi begeht einen weiteren Tabubruch indem er die Freigabe zum Kauf von Staatsanleihen gegeben hat. Mit Hilfe von Anleihekäufen – auch als quantitative easing (Quantitative Lockerung) oder „QE“ bezeichnet[1] – bringt die EZB noch mehr frisches Zentralbankgeld in Umlauf mit dem Ziel, die langfristigen Zinsen im Euroraum zu drücken, die Wirtschaft anzukurbeln und die geplante Inflation zu erreichen.

Verantwortungsloses Experiment

1140 Milliarden Euro – diese unvorstellbare Menge an Geld pumpt die EZB nun ins System und kauft damit Anleihen auf, um sich, den Banken und den Krisenländern temporär Luft zu verschaffen. Probleme werden damit nicht gelöst. Dies zeigt überdeutlich, wie verzweifelt und prekär die Situation ist. Vor allem hilft Super Mario damit den Banken, den maroden Staaten in Südeuropa, die sich damit weiterhin billig Geld besorgen können.

Durch dieses waghalsige Notenbankexperiment erwartet die EZB, dass Banken mehr Kredite vergeben, Anleger mehr investieren und somit die Wirtschaft in Gang bringt. Jedoch enteignet das diabolische Gelddrucken uns Sparer, führt die Altersvorsorge ad absurdum, verhindert dringend erforderliche Reformen im Euroraum und fördert Preisblasen an den Aktienmärkten und den hiesigen Immobilienmärkten.

Wir sagen ganz klar: Dieses Notenbankexperiment der EZB wird nicht funktionieren und wird in einem Fiasko enden. Niemals zuvor wurden Probleme mit Gelddrucken gelöst. Schon in Japan, England und in den USA haben diese Notenbankinterventionen keine bis sehr mickrige Auswirkungen erzielt. In den USA sogar mit dem völlig absurden Nebeneffekt, dass die US Notenbank FED nun der größte Gläubiger der USA ist. [2]

Der freie Markt wird abgeschafft, und die Notenbanken betreiben Planwirtschaft – wir alle wissen, dass Planwirtschaft immer im Desaster geendet ist. So wird es auch dieses Mal sein.

Demokratie sieht anders aus

Jahrelang konnte Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, den planwirtschaftlichen Irrsinn verhindern. Bereits 2012 lehnte er erfolgreich das geplante OMT-Programm zum Kauf von Staatsanleihen überschuldeter Euro-Staaten ab. Er stimmte mehrmals gegen die Senkung des Leitzinses. Doch seine Stimme verliert immer mehr an Gewicht.

Wie kann es sein, dass Deutschlands Stimme genauso viel oder wenig wert ist wie die aller anderen Ländern, wir aber, wenn das Projekt schief geht, mit wesentlich mehr haften als alle anderen? Demokratie sieht für uns anders aus – die Diktatur des Geldes schreitet immer weiter voran. [3]

Finanzminister Wolfgang Schäuble jubelt, denn die schwarze Null ist nun möglich, jedoch nicht auf Basis soliden Wirtschaftens, sondern auf Grund der historisch niedrigen Zinsen. Deutschland kann sich an den internationalen Finanzmärkten immer günstiger mit Krediten versorgen. Mittlerweile kann Deutschland fünfjährige Anleihen zu einem Zinssatz von null Prozent platzieren – so billig war Geld noch nie. In Zukunft werden wir noch Geld bezahlen müssen, dafür, dass wir dem Staat Geld leihen.

Spätestens jetzt sollten die Lebensversicherer, welche gesetzlich verpflichtet sind zu einem Großteil in mündelsichere Papiere zu investieren, ihr Geschäftsmodel überdenken. Aber auch ein jeder selbst sollte sich genauestens überlegen, ob das, was momentan in der Finanzwelt vor sich geht, überhaupt noch Sinn macht.

Verheerende Kollateralschäden

Haben wir bereits vergessen, dass der Auslöser des letzten Crashs die viel zu niedrigen Zinsen und somit das viel zu viele billige Geld der Notenbanken war? Wieder sind die Notenbanken Brandstifter um sich dann als Feuerwehr aufzuspielen und die selbst entfachten Brände mit Billionen an Euro zu löschen für die jeder Europäer seit September 2012 haftet. Denn damals hat die EZB den Gläubigerstatus aufgegeben. Seitdem haftet die EZB nicht mehr mit ihrem überschaubaren Eigenkapital von ca. 8 Milliarden Euro sondern jetzt haften wir alle dafür.

Für uns ist diese Entscheidung eine weitere fatale Entwicklung beim bizarren Milliarden Spiel ohne Grenzen. Erneut wurde eine neue Eskalationsstufe der Krisenpolitik erreicht und ein weiteres verdecktes Bankenrettungspaket verabschiedet sowie durch die Hintertür die eigentlich verbotene monetäre Staatsfinanzierung durchgeboxt.[4]

Das billige Geld der Notenbanken ist wie eine harte, schwer abhängig machende Droge. Offensichtlich können wir nicht mehr ohne sie leben – mit allen Konsequenzen und verheerenden Kollateralschäden. Wir sind bereits schwer abhängig, und somit ist der Crash vorprogrammiert. Der Patient ist de facto tot und wird nur noch künstlich am Leben erhalten mit wahnwitzigen Methoden. Beim Spiel ohne Grenzen wird keiner gewinnen.

Anmerkungen

[1] Markus Gaertner, „Die USA werden die Geldschleusen nicht schließen“, GEOLITICO vom 29.9.2013

[2] Stefan L. Eichner, „Die USA gestehen das Scheitern ihrer Geldpolitik ein“, GEOLITICO vom 23.6.2013

[3] Dagmar Metzger, Christoph Zeitler,Steffen Schäfer, „Mit der EZB in die Diktatur“, GEOLITICO vom 29.11.2014

[4] Gunnar Beck, „Zum Recht fehlt dem Gericht Mut und den Richtern der Charakter“, GEOLITICO vom 11.6.2013

 

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Über Marc Friedrich und Matthias Weik

Matthias Weik und Marc Friedrich schrieben 2012 zusammen den Bestseller “Der größte Raubzug der Geschichte“. Es war das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2013. Auch mit ihrem zweiten Buch, „Der Crash ist die Lösung“, haben Sie wieder das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2014 geschrieben. Am 24. April 2017 ist ihr viertes Buch „Sonst knallt´s!: Warum wir Wirtschaft und Politik radikal neu denken müssen“ erschienen, das sie gemeinsam mit Götz Werner (Gründer des Unternehmens dm-drogerie markt) geschrieben haben. Kontakt: Webseite | Facebook | Weitere Artikel

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