Der phänomenale Anstieg des Dollar

Der Dollar ist nicht das Papier wert, auf dem er gedruckt ist. Trotzdem setzt er zu einer rasanten Rallye an. Warum nur? Über das letzte große Zocken im Kasino.

Die Wall Street und ihre angeschlossenen Propaganda-Kanäle machen gerade wieder, was sie am besten können: Falsche Fährten legen und ablenken von großen Problemen. Dafür werden Termine, die dem großen Geld ins Zeug passen, zu Welt-Events aufblasen. Die Blogs und Business-Webseiten im Internet sind gespickt mit Berichten über die für heute anstehende Präsentation des iPhone 6.[1]

MarketWatch widmete die ersten acht (!!!) Berichte auf seiner Webseite nur der Produkteinführung: Apple Links, Apple rechts, Apple bewegt China, Apple gegen Samsung und so weiter. Die Zulieferungen für das neue iPhone seien so massiv, dass Apple sogar die gut gefüllten, schnellen und flexiblen chinesischen Lieferketten zum Bersten bringt, lesen wir bei CNBC.[2]

Keine Rede davon, dass es inzwischen die neuen Champions aus der Volksrepublik sind – darunter Xiaomi – die mit technisch reifen aber viel billigeren Smartphones den verwöhnten Tech-Ikonen Apple und Samsung gehörig den Marsch blasen.

So viel zum positiven News-Feuerwerk, das immer besonders intensiv abgebrannt wird, wenn die Powers to Be viel Nebel brauchen, um die unappetitlichen Entwicklungen, die sie ebenso skrupellos wie geschickt ausblenden, zu verdecken.

Purer Flucht-Bonus

Die eigentliche Nachricht ist der phänomenale Anstieg des US-Dollars, einer Währung, die schon lange nicht mehr das Papier wert ist, auf das die Greenback-Noten gedruckt werden. Doch immer wenn es auf dem Globus stinkt und kracht, hebt die Weltleitwährung ab wie eine Patriot-Rakete. Allein seit Anfang Juli ist der Dollar-Index um fast 5% in die Höhe geschossen.[3]

Das ist keine wahre Stärke, sondern purer Flucht-Bonus, produziert von den Horden, die von überall auf dem Globus in den Dollar strömen, weil hier der liquideste Markt ist und die skrupelloseste Notenbank, die nicht nur vollmundige Versprechen macht wie Mario Draghi, sondern sie auch noch umsetzt: Akribisch, drastisch, rücksichtslos – und mit einer Feuerkraft von vier Billionen Dollar bewehrt. In den Kellern der Fed in Washington steckt einmal die Wirtschaftsleistung von Deutschland in einem ganzen Jahr im Tank.

Die Fed wird´s schon richten, das gilt als ausgemachte Sache im Finanz-Orbit zwischen New York, Shanghai und London. Diese gefährliche Poker-Annahme ist auch die einzige Konstante, nach der das ganze globale Kasino überhaupt noch funktioniert. Und das ist schon seit bald drei Jahrzehnten so.

John McCain, der Senator, der bei der ersten Wahl gegen Obama verlor, hat deshalb einmal über Alan Greenspan – laut Matt Taibbi “das größte Arschloch im Universum”[4] – gesagt, wenn er stirbt, stopfen wir ihn aus, setzen ihm eine Sonnenbrille auf und stellen ihn in die Ecke, damit er weiter da ist, das reicht.

Das Grande Finale

So etwas könnte man in Deutschland auch über Angela Merkel sagen. Aber die druckt kein Geld, sie vernichtet es, und die Zukunft des Landes dazu, indem sie an der größten Design-Katastrophe der europäischen Geschichte festhält. Doch das Fundament der deutschen Wirtschafts-Festung fängt bereits an zu wanken. Daran können auch die bis vor kurzem noch glitzernden Fassaden nichts ändern.

Und weil Japan im zweiten Quartal seine Wirtschaft nicht nur miserable 6,8% schrumpfen sah, wie zunächst gemeldet, sondern jetzt beklemmende 7,1%, und China weiter Dampf verliert und Frankreich wie Italien unreformiert gegen die Wand fahren, lädt der Rest der Welt mit drastisch zunehmendem Tempo sein Geld im Dollar-Raum ab, um sich sicher zu wähnen.

Dass es einen solchen Zufluchtsort im Finanz-Universum gar nicht mehr gibt, wissen die meisten, die Geld haben. Aber sie lügen sich lieber selbst in die Tasche. Zusammen geht sich´s einfach besser unter. Niemand will alleine im Aufzug aus dem 81. Stock abstürzen. Nur wenn man dem Nachbarn im freien Fall noch fassungslos ins Gesicht starren kann, wird das Grande Finale eine seltsam geile Angelegenheit.

Das ist der Grund, warum der Dollar-Index zum Wochenauftakt ein Sechsjahres-Hoch erreicht hat.[5] Es ist der letzte große Zock im Kasino der entfesselten Menschheit.

Obgleich die Zeichen an der Wand so unübersehbar sind, sagen nur wenige so deutlich wie Herr Sapin, dass Frankreich stehend K.O. ist, oder wie die Edelmetall-Legende Keith Barron, dass der Welt ein galaktischer Bankrott bevorsteht.[6] Es lassen sich aber genügend anekdotische und andere Beweise dafür finden, dass wir uns nur noch am Rande des Abgrunds entlangwinden und bald ein großer Stein unter unseren Füßen wegbrechen wird.

Nehmen wir zum Beispiel die schlichte Tatsache, dass immer mehr Politiker und Regierungen eine Legalisierung von Marihuana verlangen.[7] Das entspringt keiner wie auch immer gearteten besseren Einsicht, sondern dem fieberhaften, bankrotten Ringen um zusätzliche Einnahmequellen höchst verschuldeter Staaten, bevor sich nichts mehr zusätzlich aus dem steuerzahlenden Volk herauskitzeln lässt und das ganze Finanz-Kartenhaus endgültig kollabiert. Den nunmehr legalisierten Gebrauch kann man ja auch noch schön in der BIP-Bilanz verbuchen und weiteres Wachstum ausweisen.

Aus dem BIP = Bruttoinlandsprodukt wird eine neue Messeinheit: Bitte eine Pfeife. – Fazit: Die Tage sind gezählt, mit oder ohne Pott in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.

Anmerkungen

[1] „5 things to watch at Tuesday’s Apple event“, Market Watch: http://www.marketwatch.com/story/5-things-to-watch-at-tuesdays-apple-event-2014-09-08

[2] „Apple disrupting Chinese supply chains: Report“, CNBC: http://www.cnbc.com/id/101981799

[3] Grafik US-Dollar, Financial Visualization: http://www.finviz.com/futures_charts.ashx?t=DX

[4] Matt Taibbi, „Griftopia: A Story of Bankers, Politicians, and the Most Audacious Power Grab in American History“, Spiegel & Grau, New York

[5] Mariko Ishikawa and Nick Gentle, „Dollar Hits Six-Year High Versus Yen While Bonds Fall“, Bloomberg: http://www.bloomberg.com/news/2014-09-08/japan-futures-rise-with-yen-near-six-year-low-oil-climbs.html

[6] „A Cataclysmic Great Unwind & Global Meltdown Is Coming“, King World News Blog: http://kingworldnews.com/kingworldnews/KWN_DailyWeb/Entries/2014/9/7_A_Cataclysmic_Great_Unwind_%26_Global_Meltdown_Is_Coming.html

[7] Niraj Chokshi, Christopher Ingraham, „Former world leaders call for nations to decriminalize drug use and experiment with legalization“, Washington Post: http://www.washingtonpost.com/blogs/govbeat/wp/2014/09/08/former-world-leaders-calls-for-nations-to-decriminalize-drug-use-and-experiment-with-legalization/

 

Unser Newsletter – Ihr Beitrag zur politischen Kultur!

Über Markus Gaertner

Markus Gaertner war über viele Jahre freier Wirtschafts-Korrespondent mit Sitz in Vancouver. Heute arbeitet er für den Kopp-Verlag. Weitere Artikel

×