Ukraine könnte geteilt werden

In Moskau und in Geheimdienstkreisen wird eine Teilung der Ukraine für möglich gehalten. So soll ein Puffer zwischen der Nato und Russland geschaffen werden.

Wieder einmal überschlagen sich die Meldungen in den westlichen Medien über die Ereignisse in der Ukraine. Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, der von einem Einmarsch russischer Truppen in sein Land spricht, werden von den Medien ungefiltert weitergegeben. „Ich habe einen Besuch in der Türkei abgesagt, (…) da eine Intervention russischer Streitkräfte in der Ukraine stattfand“, sagte Poroschenko in Kiew.

Er zeichnete ein düsteres Bild der Situation im Raum Donezk. In den Ortschaften Amwrosijewka und Starobeschewo habe sich die Lage „extrem verschärft“. Er will, dass sich die Vereinten Nationen mit dem Konflikt befassen und drängt auf eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Was er davon erwartet, sagte er zwar nicht, ist aber nicht schwer zu erraten: Der Sicherheitsrat soll Russland für den angeblichen Einmarsch verurteilen. Auch der EU-Rat solle klare Worte finden. „Die Welt muss sich zur heftigen Verschärfung der Lage in der Ukraine äußern“, sagte Poroschenko.

„Das ist eine Lüge“

Es gibt jedoch ganz andere Einschätzungen der Lage vor Ort.. Der Vizechef des Verteidigungsausschusses des russischen Föderationsrats, Jewgeni Serebrennikow, wies die Äußerung des ukrainischen Präsidenten zurück. In der Ukraine gebe es keine russischen Streitkräfte, sagte er der Nachrichtenagentur RIA Novosti. „Wir haben bereits mehrere Erklärungen der ukrainischen Führung gehört, die  sich dann schnell als Lüge erwiesen haben“, zitiert RIA Novosti Serebrennikow. „Jetzt sind wir Zeugen einer neuen Ente.“

Die Nato hingegen hielt sich mit klaren Aussagen zurück. Einer ihrer Vertreter in der Ukraine sprach von 1000 russischen Soldaten in einem 50-Kilometer-Korridor auf ukrainischem Territorium unmittelbar an der russischen Grenze. „Sie unterstützen die Separatisten, sie kämpfen mit ihnen“, sagte er. Einen Einmarsch bestätigte er ausdrücklich nicht. Er verwies jedoch auf etwa 20.000 russische Soldaten, die auf russischem Territorium an der ukrainischen Grenze stationiert seien. Sie bildeten „eine Invasionsarmee“.

„In drei Monaten ist alles vorbei“

Ganz offensichtlich ist der ukrainische Präsident Poroschenko also an einer Eskalation der öffentlichen Debatte im Westen über die Lage interessiert. Er verbreitet Kriegsangst.

Dabei wird in den Hinterzimmern längst über den Ausgang des Konflikts verhandelt. „In drei bis vier Monaten ist alles vorbei“, erfuhr GEOLITICO in Moskauer Kreisen, die dem Kreml nahestehen. Geheimdienstkreise bestätigen diese These. „Die Oligarchen in der Ostukraine und in Russland verlieren derzeit viel Geld. Die wollen, dass der Spuk bald vorüber ist.“

Erinnerungen an Kuba-Krise

Den GEOLITICO bekannten Plänen zufolge soll die Ukraine aufgeteilt werden. Danach soll das Donezk-Becken mit seiner Schwerindustrie und den Kohlevorkommen an Russland gehen. Das sei Moskau auch deshalb wichtig, damit ein Puffer zwischen Russland und der Nato geschaffen werde. „Nato-Truppen direkt vor seiner Haustür kann Moskau nicht dulden“, sagen Geheimdienstler und verweisen auf die Kuba-Krise 1962, als Moskau Mittelstrecken-Raketen auf Kuba stationieren wollte. „Ein Puffer ist unerlässlich.“

Weitere Teile des Plans sollen sein: Die Ukraine werde kein assoziiertes Mitglied der EU oder auf anderer Weise direkt an diese angebunden. Ihre Anbindung an die EU soll nur über Verträge erlaubt sein, die russischen Interessen nicht entgegenstünden.

Im Gegenzug werde Russland Europa weiter mit Gas versorgen, das Sanktionsregime auf beiden Seiten aufgehoben.

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Über Thomas Castorp

Thomas (Hans) Castorp blickt vom Zauberberg herab auf die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Fragenstellungen. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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