Wie die Öffentlichkeit mit Falschmeldungen veräppelt wird

Die mediale Erregungs-Maschine produziert Meldungen, die in Deutschland zu großen Aufregern werden. Sogar die Politik kommentiert sie. Und doch sind die Meldungen allesamt falsch! Wie geht das?

Kurz vor der Sommerpause läuft mal wieder die mediale Erregungs-Maschine heiß. Die EU plant, die EU will, die EU prüft heißt es auf allen Kanälen – und immer sind es Aufreger-Themen, die sich scheinbar gegen Deutschland richten. Doch die meisten Artikel sind heiße Luft. Und der Fehler liegt nicht immer in Brüssel.

Mal plant Brüssel angeblich ein Beihilfeverfahren gegen das EEG-Gesetz, dann will die Kommission die Netzneutralität abschaffen, oder sogar die “Rückkehr der Atomkraft vorbereiten”, so meldet es die „Süddeutsche”.

Was haben all diese angeblichen Pläne gemeinsam? Sie sind große Aufreger in Deutschland, werden von fast allen Medien übernommen, sogar von der Politik kommentiert – doch sie sind allesamt falsch!

Lauter Luftnummern

Jedenfalls nicht richtig. Natürlich prüft die EU-Kommission das EEG-Gesetz – aber schon seit Monaten. Auch dass sie das Internet regulieren will, ist bekannt. Und der Streit Subventionen für AKW ist nun wirklich nicht neu.

Doch die schnell hochgejazzten Exklusivmeldungen und Vorabberichte entpuppen sich bei näherer Betrachtung immer öfter als Luftnummern. Allein schon der Begriff  „die EU“ ist falsch.

Meist handelt es sich um einen Entwurf der Kommission, oder gar nur eines Kommissars. Bis zu einem EU-Beschluss ist es dann noch ein weiter Weg.  Das kann Monate oder Jahre dauern – oft ist das Ergebnis hinterher nicht wiederzuerkennen.

Wie kommt es dann zu den aufgeregten Medienkampagnen? In der Regel wird ein Entwurf an die Presse durchgestochen, neudeutsch geleakt. Fast immer steht ein Interessenverband dahinter, der den Entwurf verhindern will.

Interne Abstimmung

In Wahlkampfzeiten reagiert zudem die Politik viel bereitwilliger auf scheinbar „bürokratische“ oder „Deutschland-feindliche“ Pläne aus Brüssel als sonst. Vor allem Wirtschaftsminister Rösler haut gern drauf.

Und was passiert in der EU-Kommission? Nicht viel. Echte Debatten unter den Kommissaren, etwa zur Atomkraft, gibt es leider nur selten. Was es aber gibt, ist eine behördeninterne Abstimmung am Montag vor der Kommissionssitzung am Mittwoch.

Dabei werden viele Entwürfe wieder zurückgezogen, die eigentlich am Mittwoch präsentiert werden sollten. So war es offenbar auch beim Beihilfe-Verfahren gegen das EEG. Sonntags kam „SPON“ damit raus, montags war das Ding tot.

Alles hochgejazzt

Ähnlich ist es mit der angeblichen AKW-Renaissance. Der Entwurf soll erst nach der Sommerpause kommen. Bis dahin dürfte er noch ein paarmal überarbeitet werden.

Eigentlich sollten Journalisten und Politiker diese Hintergründe kennen und nicht jedem EU-Aufreger hinterherlaufen. Aber wie gesagt, in Wahlkampfzeiten gelten andere Gesetze.

Da wird gern alles hochgejazzt, was scheinbar gegen deutsche Interessen geht. Und es wird auch gern vergessen, dass die EU nicht nur aus Deutschland, sondern aus 28 Staaten besteht.

Und dann naht noch die Sommerpause. Da wird eben alles hochgeblasen, was geht. Und Brüssel geht immer – schließlich hat sie sich in den letzten Monaten allzu viele Faux-pas geleistet…

P.S. Sogar die Kanzlerin Merkel hat auf den Atom-Bericht reagiert. Sie lehnt die Pläne ab, wie zu erwarten. Dabei hat die EU-Kommission dementiert, auch wie zu erwarten. So was nennt man Geisterdebatte, oder?

Mehr Beiträge von Eric Bonse finden Sie hier: Lost in Euope

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Über Eric Bonse

Weltbürger und überzeugter Europäer aus Düsseldorf, ging 1996 als Journalist nach Paris und beobachtet seit 2004 das Raumschiff Brüssel. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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