Die Aufschwungspropheten sind Trickser und Täuscher

Ein Hoch auf die Bankgewinne und Börsenkurse! Aber haben wir schon das langsam aber bedrohlich abgleitende Frankreich erwähnt? Oder Großbritannien, das gerade haarscharf am „Triple Dip“ vorbeischrammte?

 

Die hierarchische Nummer Zwei der Fed, Janet Yellen, sieht keine durchdringenden Beweise dafür, dass an den Finanzmärkten übertriebene Risiken eingegangen werden. Vielleicht hat sie in den vergangenen Wochen einfach keinen Kontakt zu Hedgefonds-Managern mit größeren Gold- oder Derivatenbeständen gehabt.

Im DealBook-Blog der New York Times wird unterdessen der 2,2 Milliarden Dollar umfassende Quartalsgewinn von Goldman Sachs als Beweis dafür genommen, dass die Banken quer durch die Wall Street an Stärke gewinnen.

Kein Wunder, wenn die Kerle durch staatliche „Too Big to Fail“-Garantien eine extrem niedrige Refinanzierung bekommen und von der Fed außer „versehentlichen“ Vorab-Infos auch noch den nötigen, ebenfalls garantierten, Rückenwind für steigende Aktienkurse, mit denen man prächtig Geld verdienen kann. Habe ich vergessen, die über rekordniedrige Hypothekenzinsen orchestrierte Erholung am Immobilienmarkt zu erwähnen ?

Der IWF schließlich sieht die fiskalischen Risiken auf dem Rückzug, weil die Defizite in vielen Ländern zurückgehen. Ach ja, die USA weisen im laufenden Jahr wahrscheinlich „nur noch“ eine Budgetlücke von 6,5 Prozent aus, anstatt jener 8,5 Prozent im Jahr 2012. Japan verbessert sich von einem Budgetdefizit von -10,2 Prozent auf 9,8 Prozent. In Großbritannien geht der Wert von 8,3 Prozent auf 7 Prozent zurück. In den Industrieländern insgesamt von -5,9 Prozent auf -4,7 Prozent.

Yeaaah ! Ich kann die Stabilisierung regelrecht riechen, ihr Erbsenzähler.

Hier werden fleißig weitere Schulden gemacht, mit hohem Tempo. Und das bei rekordniedrigen Zinsen. Wenn die Fed eine Kehrtwende bei ihrem Leitzins beginnt oder die Anleihemärkte einen Schwächeanfall erleben,  wovor viele warnen, dann explodiert die Schuldenlast wie jene Schnellkoch-Töpfe, die gestern auf tragische Weise den Sportlern und Zuschauern beim Boston Marathon um die Ohren flogen.

Wir sehen, es mangelt nicht an Optimismus „out there“. Doch ich frage mich wieder einmal – nein, noch mehr als sonst – wo die Zahlen und Beobachtungen sind, die solche Perspektiven erlauben.

Gehen wir einfach nur kurz die Nachrichten des Tages durch. José Manuel Barroso macht klar, dass Zypern die EU schon bald um mehr Geld bitten könnte. In Japan eskalieren die Anleihe-Zinsen und Kapital wird in die USA vertrieben. Genau das Rezept, das Japan jetzt braucht, wie wir wissen. Die französische Regierung sieht in der Lohnzurückhaltung in Deutschland eine „Gefahr für Europa“. Die Deutschen sollten gefälligst die Löhne kräftig anheben.

Jawooohhl. Das ist genau das, was der Exportweltmeister braucht, wenn um ihn herum seine Absatzmärkte kollabieren.

Mehr noch ? Na klar. Zum Beispiel Südkorea. Asiens viertgrößte Volkswirtschaft wird von dem senkrecht sinkenden Wechselkurs des Yen – sowie von schwachen Absatzmärkten und dem Korea-Konflikt – regelrecht erwürgt und braucht ein Hilfspaket.

Das ist die dritte ökonomische Viagra-Injektion für Südkorea seit der asiatischen Finanzkrise, als der IWF einschritt. China, Japan und Indien fallen als Zugpferde zumindest vorübergehend aus, und Südkorea ist zwischen den Währungs-Manipulateuren China und Japan wie in einem Zombie-Sandwich eingeklemmt.

Grafik aus dem Jahreswirtschaftsbericht 2013 der Bundesregierung

Grafik aus dem Jahreswirtschaftsbericht 2013 der Bundesregierung

 

Oder das hier: Weil sie keine Dollars kaufen können und mit der höchsten Inflationsrate der westlichen Hemisphäre konfrontiert sind, stürzen sich Argentiniens Sparer in die Bitcoin-Spekulation, obwohl die Cyberwährung gerade ihren ersten Infarkt erlebt. So drastisch sind die Zustände in dem großen südamerikanischen Land.

Und das hier: Der IWF korrigierte heute seine BIP-Prognose für die globale Wirtschaft nach unten, von 3,5% (im Januar gegeben) auf jetzt 3,3%. Auch die Schätzung für 2014 wurde vorsorglich gekürzt.

Haben wir schon das langsam aber bedrohlich abgleitende Frankreich erwähnt? Oder Großbritannien, das gerade haarscharf am „Triple Dip“ vorbeischrammte ?

All das hinderte den Fed-Präsidenten der Zweigstelle Chicago, Charles Evans, heute nicht daran, sich “optimistisch” zur US-Konjunktur im Jahr 2013 zu äußern.

Der Mann macht den Weg frei für weitere Konjunkturzahlen, die die Erwartungen ganz „überraschend“ verfehlen – wie die jüngsten Arbeitsmarkt-Zahlen und die schwachen Umsätze im Einzelhandel – damit die Fed weiter einen triftigen Grund hat, kräftig anzuschieben.

Es leben die Börsenkurse und die Bankengewinne und die niedrigen Hypotheken-Zinsen und die ….. Sorry, Suppenküchen-Besucher, you are out.

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Über Markus Gaertner

Markus Gaertner war über viele Jahre freier Wirtschafts-Korrespondent mit Sitz in Vancouver. Heute arbeitet er für den Kopp-Verlag. Weitere Artikel

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