Wie Schäuble sich auf Zypern verzockt hat

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble geriert sich gern als Euro-Retter. Dabei war er es, der die Zypern-Frage verschleppte, als andere Lösungen anboten. Und er war es, der die Eigenbeteilung der Zyprioten von 5,8 Milliarden verlangte.

 

Die Zypern-Krise weitet sich aus. Nachdem die Euro”Retter” mit dem Versuch gescheitert sind, eine Zwangsabgabe für Anleger einzuführen, richten sie sich nun auf eine mögliche Pleite der Insel ein. Finanzminister Wolfgang Schäuble behauptet, man sei für alle Fälle gerüstet – dabei hat er am meisten zu verlieren.

Deutschland ist der zweitgrößte Gläubiger auf Zypern nach Griechenland. 5,9 Milliarden Euro haben deutsche Banken nach BIZ-Angaben in dem Steuerparadies angelegt – warum eigentlich, Herr Schäuble?

Doch das ist nicht die einzige Sorge, die den Minister plagt. Viel größer ist seine Angst, den Nimbus des unerschütterlichen Euro-”Retters” zu verlieren – und womöglich eine Kettenreaktion auszulösen.

Wenn Zypern Pleite geht und den Euro verlässt, dürften Griechenland und Portugal bald folgen. Danach kämen Spanien und Italien unter Druck. Am Ende könnte ganz Südeuropa wegbrechen – im schlimmsten Fall pünktlich zu Bundestagswahl.

Jetzt rächt sich, dass Schäuble das Zypern-Problem auf die lange Bank geschoben hat. Es war nicht sein einziger Fehler. Im Grunde war die gesamte deutsche Zypern-Politik ein einziger Fehler:

  • Falsche Ursachenanalyse: Zypern kam wegen der dilletantischen Griechenland-”Rettung” ins Trudeln, vor allem nach dem Schuldenschnitt. Doch Schäuble behauptet, der aufgeblähte Bankensektor sei Schuld.
  • Populistische Ablenkungsmanöver: Statt dem Problem ins Auge zu sehen, wurde das Publikum mit reichen Oligarchen, Russen-Mafia und Geldwäsche abgelenkt. Erst letzte Woche gab Schäuble zu, dass er keine Beweise hat.
  • Hinhaltetaktik: Zypern stellte seinen Hilfsantrag schon im Juni letzten Jahres. Im November legte die Troika ein “Memorandum of Unterstanding” (MoU) vor – doch Schäuble sagte Nein. So ging wertvolle Zeit verloren.
  • Berliner Diktat: Das MoU sah höhere Immobiliensteuern, aber keine Zwangsabgaben vor. Die Troika forderte auch keinen “Eigenbeitrag” von 5,8 Millarden Euro. Das hat sich Schäuble ausgedacht – mit den bekannten Folgen.
  • Bruch von EU-Regeln: Angeblich stand es der zyprischen Regierung frei, wie sie die 5,8 Milliraden Euro auftreibt. Eine Belastung der Kleinsparer verstößt jedoch gegen EU-Recht. Das hätte auch Schäuble wissen – und verhindern – müssen.

Natürlich tragen die Zyprer Mitschuld an dem Debakel. Dass sie in die Krise gerutscht sind, die nun so eskalierte, ist aber vor allem unserem obersten Kassenwart zu verdanken. Er hat sich auf der Zockerinsel…verzockt!

P.S. Wer sich das MoU durchliest, wird darin zahlreiche Alternativen zu den aktuellen Forderungen der Eurogruppe finden. Der IWF hat zudem einen Schuldenschnitt für Zypern vorgeschlagen. Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit, die Banken direkt durch den ESM zu rekapitalisieren, wie es Y. Varoufakis fordert. Schäuble kann also nicht sagen, seine Politik sei die einzig mögliche – im Gegenteil: Sie steht möglichen Lösungen im Wege!

Mehr Beiträge von Eric Bonse finden Sie hier: Lost in Euope

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Über Eric Bonse

Weltbürger und überzeugter Europäer aus Düsseldorf, ging 1996 als Journalist nach Paris und beobachtet seit 2004 das Raumschiff Brüssel. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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