Große Spenden „ganz klein“ füllen die Kassen der Parteien

Zwar sind die Großspenden an Parteien zurückgegangen, aber was sagt das schon aus? Denn dafür sprudeln immer mehr Spendenquellen – und  CDU und SPD nehmen mehr ein als je zuvor.

Früher mussten sich Parteien immer wieder gegen den Vorwurf der Käuflichkeit wehren. Anlass waren die kräftig sprudelnden Spendenquellen großer Konzerne. Die Diskussion darüber gipfelte im Jahr 2010 in dem vom Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim geforderten Verbot von Unternehmensspenden nach dem Vorbild Frankreichs und den USA. Damals soll der Milliardär August von Finck die CSU reichlich mit Spenden aus seinem Firmenimperium bedacht haben. Von insgesamt 820.000 Euro war die Rede.

Zum Spendenverbot ist es bis heute nicht gekommen. Dabei sprudeln die Quellen nach wie vor, und nicht nur das, sie sprudeln sogar noch kräftiger als damals. „Die Spendeneinnahmen der CDU-Bundespartei sind in 2011 und in 2012 jeweils deutlich gestiegen“, sagte ein CDU-Sprecher. Auch die SPD ließ wissen: „Im Rechenschaftsbericht des Jahres 2011, der in den nächsten Monaten vom Bundestagspräsidenten veröffentlicht wird, weist die SPD insgesamt Spenden in Höhe vom 12,1 Millionen Euro aus, das sind 2,5 Millionen Euro mehr an Spenden als im Jahr 2010.“ Die Grünen können immerhin „für das letzte Jahr bislang keine wesentliche Veränderung beim Spendenaufkommen feststellen“, stehen aber unterm Strich trotzdem besser da. „Viel wichtiger sind für uns die zusätzlichen Einnahmen aus der in den letzten Jahren deutlich gewachsenen Mitgliederzahl“, sagte Bundesschatzmeister Benedikt Mayer. Wenn das keine guten Nachrichten für die Parteien zu Beginn des Bundestags-Wahljahres sind.

Bank stückelt Spenden

Wer allerdings nur in die Aufstellung des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) schaut, der wird diese Zahlen kaum finden und kann leicht einen falschen, möglicherweise gar einen gegenteiligen Eindruck gewinnen. Denn die dort aufgelisteten sogenannten Großspenden von mehr als 50.000 Euro sind rückläufig. Demnach flossen 2012 insgesamt 1,3 Millionen Euro Großspenden an die Parteien. Im Jahr zuvor waren es noch 2,03 Millionen Euro gewesen.

Unter diesen Großspendern war bis zum vergangenen Jahr regelmäßig auch die private Berenberg Bank vertreten. Sie spendete in den Jahren 2011 und 2010 jeweils 100.000 Euro an die CDU. Im Jahr 2009 waren es ausnahmsweise mal 106.000 Euro. In der Auflistung des Bundestages für das vergangene Jahr taucht sie nun gar nicht mehr auf. Daraus könnte man schließen, die Bank habe mal eine Pause eingelegt und die CDU sei leer ausgegangen. Dem ist aber nicht so. „Die Berenberg Bank hat 2012 – wie auch in den Vorjahren – Parteispenden geleistet“, teilte die Bank auf Anfrage mit. „Wir haben die CDU 2012 mit insgesamt rund 160.000 Euro unterstützt. Die Zahlungen erfolgten jedoch aus unternehmensinternen Gründen kleinteiliger als 2011.“ Mehr wollte das Geldinstitut zu seiner veränderten Spendenpraxis allerdings nicht sagen.

Deutsche Bank steigt aus

Wie die Berenberg Bank haben auch die Deutsche Bank, das Bankhaus Sal. Oppenheim und die Allianz SE ihre bisherige Spendenpraxis geändert bzw. ganz gestoppt. „Wir haben im Zuge der Neuausrichtung des Bankhauses Sal. Oppenheim den Prozess zur Auswahl von Spendenempfängern stärker fokussiert und den Gesamtbetrag aller Spenden reduziert“, teilte die Bank mit.

Die Allianz bedachte in den vergangenen zehn Jahren alle Parteien, die ihrer Ansicht nach die freie Marktwirtschaft unterstützten, mit jährlich jeweils 50.001 Euro. Der eine Euro ist jeweils draufgelegt worden, um eine „zeitnahe Veröffentlichung“ durch das Bundestagspräsidium zu gewährleisten, denn die Parteien legen ihre Spenden immer erst ein Jahr später in ihren Rechenschaftsberichten offen.

Größte Parteispenden in Deutschland im Jahr 2011
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Im vergangenen Jahr nun überwies die Allianz nur noch jeweils 30.000 Euro an CDU, CSU, FDP, SPD und die Grünen. In einem Schreiben an Bundestagspräsident Lammert verwies der Allianz-Generalbevollmächtigte Wolfgang Ischinger auf diese Änderung hin und fragte nach, ob Lammert bereit sei, auch den geringeren Betrag zu veröffentlichen. „Wir möchten anfragen, ob unsere Spenden in Ihren Bericht aufgenommen werden können, auch wenn diese den Wert von 50.000 Euro nicht überschreiten“, schrieb Ischinger wenige Tage vor Weihnachten. „Wir sind überzeugt, dass diese Transparenz von allen Beteiligten anerkannt werden würde.“

BMW finanziert die CSU

Ischinger erklärte auch, warum der Konzern nun insgesamt weniger an die Parteien zahlen will. „Seit diesem Jahr verwenden wir einen Teil unseres Budgets auch für internationale politische Projekte wie die Third Generation Initiative, die junge US-amerikanische jüdische Bürger und deutsche Bürger zusammenbringt.“

Mit der Deutschen Bank verabschiedete sich bereits 2010 einer der bis dahin wichtigsten Parteienfinanzierer in Deutschland. Die Bank verabschiedete eine Richtlinie, die fortan sämtliche Parteispenden untersagte. „Wir wollten uns den internationalen Gepflogenheiten anpassen“, sagte ein Bank-Sprecher. Im Jahr zuvor hatte die Deutsche Bank der CDU noch einmal 255.000 Euro und der FDP 220.000 Euro überwiesen. Anders als etwa die Allianz setzte die Deutsche Bank klare Prioritäten, denn die SPD erhielt 50.000 Euro, die Grünen und die CSU mit jeweils 25.000 Euro noch weniger.

Dafür kam die CSU im vergangenen Jahr bei den Großspenden gut weg. Gemessen an der Auflistung des Bundestagspräsidenten war sie größter Profiteur der Zuwendungen aus der Wirtschaft. Sie erhielt insgesamt 460.000 Euro vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie sowie vom Auto-Konzern BMW. Mit jeweils rund 260.000 Euro Großspenden liegen CDU und SPD fast gleichauf. Die FDP musste sich mit 205.000 Euro begnügen – ist aber dennoch zufrieden. „Die Bundespartei hat für 2012 mit einem Spendenaufkommen von einer Millionen Euro kalkuliert. Dieses Ziel ist erreicht worden“, sagte Parteisprecher Nils Drost.

Wahlkampf-Jahr

Aus Kreisen des Bundesverbandes der Industrie (BDI) hieß es, beim Verzicht auf Großspenden handele sich um einen Trend, der mit Compliance-Gesichtspunkten zu tun habe. Unternehmen hätten die Sorge, in der Berichterstattung in ein Licht zu kommen, in das man nicht gestellt werden möchte. Hintergrund seien Ereignisse wie die Wulff-Affäre oder die Mövenpick-Spende.

In diesem Jahr würden die Parteispenden wieder zulegen, prophezeit der Bonner Parteienforscher Gerd Langguth. „Wahlkampfzeiten haben für Parteien immer eine eigene Konjunktur“, sagte er. Er verwies auf das Wahljahr 2005. Damals habe allein die CDU 33 Millionen Euro Parteispenden erhalten. Allerdings hätten Großspenden daran nur einen Anteil von 5,7 Millionen Euro gehabt. Über die Zurückhaltung der Unternehmen im vergangenen Jahr sagte Langguth: „Inzwischen unterliegen die Unternehmen ganz anderen Sparsamkeitsregeln. Das zeigt sich auch beim Sponsoring.“

Tatsächlich erzielen Parteien die meisten Einnahmen aus Zuwendungen unterhalb der Großspenden-Schwelle. Die SPD sagt, mehr als 80 Prozent der Spendeneinnahmen kämen über die Ortsvereine, Stadtverbände und Unterbezirke. Die Linke lehnt übrigens Spenden von Banken und Konzernen grundsätzlich ab.

Geschrieben für „Die Welt

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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