Die versteckte Inflation, die EZB-Chef Mario Draghi unterschlägt

EZB-Chef Mario Draghi sieht keine Inflationsgefahren. Tatsächlich? Lebensmittel werden um bis zu 25 Prozent teurer, die Preise für Immobilien machen eine Sprung um bis zu 36 Prozent. Hier lauert die versteckte Inflation.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, wiegelt ab. „Wir rechnen fest damit, dass die Inflationsrate in der Eurozone im nächsten Jahr wieder unter unsere Zielmarke von nahe zwei Prozent fällt“, sagt er dem „Spiegel“. Inflation ist demnach kein Thema. Die Verbraucherzentrale Hamburg stellt indes das genaue Gegenteil fest. Und auch die Immobilienmakler in den Metropolen registrieren einen kräftigen Preisschub.

Wenn die von den Verbraucherschützern ermitteln Preiserhöhungen nur bei den von EZB-Chef Draghi genannten zwei Prozent lägen, wären sie kaum der Rede wert. Leider aber liegen sie weit darüber. Allerdings ist dieser Preisanstieg für den Verbraucher oft nur schwer nachvollziehbar, denn die Hersteller greifen zu einem Trick: Sie verringern den Inhalt, und lassen den Preis auf der Verpackung wie er ist. Das heißt, der Kunde bekommt fürs gleiche Geld weniger Inhalt.  Welche Ausmaße das annimmt zeigen die Recherchen der Veraucherschützer:[1]

Beispiel 1: Knorr Bouillon Pur Gemüse, Unilever (Nahkauf), Gemüsebrühe. Der Verpackungsinhalt sei von 8,28 Gramm auf 6,28 Gramm reduziert worden. Der Preis wurde von 2,19 Euro auf 1,89 Euro reduziert. Was wie eine Preissenkung aussieht, ist aber in Wahrheit eine Preiserhöhung um satte 15,1 Prozent!

Beispiel 2: Palmolive Olive & Feuchtigkeitsmilch Cremedusche Colgate- Palmolive (dm), Drogerieartikel. Die Füllmenge wurde von 300 ml auf 250 ml reduziert, der Preis blieb bei 1,45 Euro. Macht eine Preiserhöhung um 20 Prozent!

Beispiel 3: Iglo Lachs-Fischstäbchen, Iglo GmbH (Rewe). Der Packungsinhalt wurde von 280 Gramm (10 Stück) auf 224 Gramm (8 Stück) reduziert, der Preis blieb bei 2,99 Euro. Macht einen Preisanstieg um 25 Prozent!

Solche versteckten Preiserhöhungen treffen jene Käufer besonders hart, die ohnehin wenig Geld zur Verfügung haben. Wer hingegen viel Geld hat, der weiß dieser Tage aufgrund der wachsender Inflationsängste nicht mehr, wie er dieses Geld zugleich sicher und gewinnbringend anlegen kann.

Wer etwa deutsche Staatsanleihen kauft, macht nach Abzug der Inflationsrate sogar Verlust. Auch Lebensversicherungen sind keine Ertrag versprechende und zugleich sichere Geldanlage mehr. Aus diesem Grund legen die meisten ihr Geld in Immobilien an.

Makler in den Metropolen sprechen von einem regelrechten Kaufrausch. Auf diese Weise sind die Immobilienpreise in München um 23 Prozent, in Hamburg um 26 und in Bayreuth um 36 Prozent gestiegen.[2]  Bezogen auf den Quadratmeter stiegen die Preise für Einfamilienhäuser von rund 2100 Euro im Jahr 2007 auf 2400 Euro im vergangenen Jahr.

Auch die Briten sorgen sich inzwischen um ihre Preisstabilität. So meldet „Mail Online“ einen Anstieg des Preises für geschnittenes Brot um 20 Prozent in den vergangenen drei Monaten. Grund seien die Missernten diesseits und jenseits des Atlantiks.

Zum Abschluss dazu noch ein Satz von Mario Draghi. Er sehe „steigende Preise auf einigen wenigen Vermögensmärkten allenfalls auf lokaler Ebene“.  Diese Probleme müssten regional von der Politik und den zuständigen Aufsichtsbehörden angegangen werden. Will heißen, er habe damit nichts zu tun. So spricht ein Mann, der für die Geldwertstabilität in Europa verantwortlich ist.

 

 

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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