Bürgern droht Mehrwertsteuer auf kommunale Leistungen

Der Staat nimmt in diesem Jahr 600 Milliarden Euro Steuern ein, so viel wie nie zuvor. Trotzdem sollen die Bürger künftig auch noch 19 Prozent Mehrwertsteuer auf  kommunale Leistungen zahlen. Das sehen neues Gesetzespläne vor.

In einer Zeit, in der die Steuerquellen des Staates kräftig sprudeln, erarbeitet eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eine Gesetzesänderung, die den Bürger noch weiter schröpft. Es geht darum, kommunale Leistungen mit der Mehrwertsteuer zu belegen. Das heißt nichts anders, als dass diese Leistungen dann auf einen Schlag 19 Prozent teurer werden!

Hätte der Bayerische Städtetag nicht Alarm geschlagen, wäre das Vorhaben wohl gar nicht bekannt geworden. „Der Bayerische Städtetag warnt vor Gesetzesänderungen bei der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand“, schreibt dessen Vorsitzender Ulrich Maly. „Für die Bürger bringt das keine Vorteile, im Gegenteil: Für die Bürger wird es langfristig teurer.“ [1]

Hintergrund des Vorhabens sind Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofs (BFH). So hatte der BFH in einem wenig beachteten Richterspruch am 10. November vergangenen Jahres kommunale Leistungen als mehrwertsteuerpflichtig eingestuft. Dieses Urteil ist die Grundlage der Gesetzesarbeit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe.

„Das ist nicht lebensgerecht, das würde einen wahnsinnigen bürokratischen Aufwand auslösen“, sagt Maly, der als Nürnberger Oberbürgermeister dadurch große Probleme auf seine Verwaltung zukommen sieht: „Für die Kommunen wird es teurer und komplizierter.“

Worum geht es konkret? Wenn etwa Städte und Gemeinde ihre Schulturnhallen an Sportvereine vermieten, müssten sie den Vereinen künftig Mehrwertsteuer in Rechnung stellen. Die Mehrwertsteuer würde sogar bei Dienstleistungen, die eine Kommune für eine andere erbringt, fällig. „Wenn eine Kommune im Rahmen eines Zweckverbands für eine Nachbarkommune die Abwasserentsorgung übernimmt, würde dies der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen“, schreibt der Bayerische Städtetag. Und an wen würde die mit der Mehrwertsteuer belastete Kommune diesen „Aufpreis“ beim Abwasser wohl weitergeben? An den Bürger.

„Deswegen appellieren wir an den bayerischen Finanzminister und an den Bundesfinanzminister, die Kommunen zu unterstützen, damit wir zu lebensgerechten Lösungen kommen“, sagt Maly. Städte und Gemeinden müssten ihr gesamtes Leistungsspektrum und sämtliche Vertragsbeziehungen auf besteuerbare Leistungen überprüfen. Eine Vielzahl von Verträgen müssten angepasst oder neu verhandelt werden.

Der Bayerische Städtetag nennt praktische Beispiele, die künftig von der Mehrwertsteuer betroffen sein könnten: Straßenreinigung und Winterdienst, Abfallwirtschaft, Kanalisation und Kläranlagen, Wasserversorgung, Zusammenarbeit im Schulwesen, in Erwachsenenbildung (Volkshochschulen), Sport (Überlassung von Sporthallen), öffentliche Sicherheit und Ordnung (Verkehrsüberwachung, Rettungsdienste), Wirtschaftsförderung und Tourismus.

Wie bereits gesagt: Alles auf einen Schlag 19 Prozent teurer – wenn es so kommt, wie geplant.

 

 



[1] Bayerischer Städtetag, Pressemitteilungen: Städtetag gegen Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand; http://www.bay-staedtetag.de/index.php?id=7861,123

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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