Poullain rät Deutschland zum Neustart in Europa ohne Euro

Eine Bankenunion und eine europäische Einlagensicherung können Europa nicht retten und gefährden die ohnehin unterkapitalisierten kleinen deutschen Banken. Darum rät Ludwig Poullain, Deutschland solle den Euro verlassen und einen Neustart wagen.

Und weiter geht es auf dem holprigen Weg ins gesamtschuldnerische Europa. Wieder einmal bei Nacht und folglich unter schlechten Sichtverhältnissen haben die EU-Staats- und Regierungschefs die kleine Anhöhe der Bankenunion erklommen. Zumindest sind sie wohl an deren Fuß angekommen. Denn ob es sich tatsächlich um eine echte Bankenunion handelt, wie die Herren gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel glauben machen wollen, sei erst einmal dahingestellt.

Zu einer echten Bankenunion gehört nämlich nicht nur eine gemeinsame Aufsicht für ALLE Banken, also nicht nur für die 25 größten Institute, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble vorschlug. Zu ihr gehört auch eine europaweite Einlagensicherung. Das heißt, die Steuerzahler in Deutschland haften auch für die Einlagen der griechischen und portugiesischen Sparer und umgekehrt.

Davon ist erst einmal nicht die Rede. Was aber nicht heißt, dass diese gesamteuropäische Einlagensicherung nicht kommen wird. Sie lässt sich derzeit allerdings nur schlecht verkaufen. Schließlich hat mit der Kandidatur Peer Steinbrücks für die SPD der Bundestagswahlkampf begonnen. Da mag Merkel nicht mit Hiobsbotschaften nach Hause fahren. Denn welcher deutsche Sparer möchte schon, dass sein Erspartes für die leichtsinnigen Geschäfte griechischer oder spanischer Banken draufgeht?

Aber so sicher, wie die Mehrheit der Deutschen ihre Spargroschen wähnt, sind die nun auch wieder nicht. Eine europäische Bankenaufsicht würde vor allem „in Ländern wie Deutschland oder Spanien wüten“, schreibt Wolfgang Münchau in seiner „Spiegel-Online“-Kolumne[1]. „Denn dort gibt es die meisten unterkapitalisierten Bruchbanken“, so Münchau.

Wer das sein könnte, schreibt er nicht. Das muss er auch gar nicht, schließlich hat Schäuble mit seiner Forderung, nur die 25 größten europäischen Banken einer gemeinsamen Kontrolle zu unterstellen, alles gesagt. Demnach wären es die kleinen Institute, darunter wohl auch die eine oder andere Sparkasse, der immer noch die meisten deutschen Kleinsparer vertrauen. Und diesen Sparern kann man nicht oft genug sagen, dass es auch in Spanien die Sparkassen waren, die die Immobilienblase aufgepumpt und damit das Land in den Ruin getrieben haben.

Leider ist also etwas dran, wenn die US-Ratingagentur Moody’s pünktlich zum EU-Gipfel wieder einmal einen alarmierenden Bericht zur deutschen Bankenlandschaft abgibt. Die Moody’s-Analysten sind sich sicher, dass einige deutsche Geldinstitute im rauen Wind der Finanzkrise demnächst ordentlich ins Wanken geraten.

Aber sind das alles Argumente für eine Bankenunion mit gemeinsamer Aufsicht und einer europaweiten Einlagensicherung? Nein, das sind Argumente dafür, dass die Banken, die großen wie die kleine, wieder zu jenem Selbstverständnis von verantwortungsvoller Dienstleistung zurückkehren, das einst Bankiers wie Ludwig Poullain hervorgebracht hat.

Poullain hat sein Handwerk nach dem Krieg bei einer Sparkasse gelernt, war später dann Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes. Und er rät keineswegs zur Bankenunion. Im „Cicero“ schreibt er, die „Strukturprobleme werden Spanien, Italien und Frankreich, eines nach dem anderen, an die Wand drücken“.[2] Aber noch bevor es eine Rettungsaktion für Italien gebe, „werden wir einen gewaltigen Knall, so etwas wie einen währungspolitischen Urknall erleben, mit dem das Eurokartenhaus in sich zusammenfällt“. Und weiter: „Doch zur großen Verwunderung aller wird sich bei der Sichtung der Reste ergeben, dass die im Tresor gelagerten Werte und Substanzen erhalten sind und dass sich aus ihnen gesundes Neues gestalten lässt.“

Der Motor diesen Neuen sollte Deutschland sein, meint Poullain. Es solle sich „selbst aus dem Gewürge lösen, eine neue Währung kreieren und hierzu die Staaten und Völker gleicher Struktur und Gesinnung einladen“. Der 92-Jährige empfiehlt die Rückkehr zu einer Art EWG, zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Vom gesamtschuldnerischen Europa hält er gar nichts. Jedes Land solle nach seiner Fasson glücklich werden.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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